Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 419
Bamberg (Oberfranken)
Kreuzigungsgruppe auf der Oberen Brücke
Der linke Regnitzarm, der die Inselstadt von der Domstadt trennt, wird im Bereich des berühmten Alten Rathauses von zwei Brücken überquert, der Unteren Brücke im Norden und der Oberen Brücke im Süden. Letztere nimmt die Straße, die durch den Rathausbau hindurch führt. Diese Brücke besteht aus drei Abschnitten, von der Karolinenstraße zum Rathaus hin, vom Rathaus zur Insel und dann weiter nach Osten zum Obstmarkt. Genau im Bereich der Insel, also auf dem zweiten Pfeiler, befindet sich am nördlichen Brückenrand eine barocke Kreuzigungsgruppe. Im Sockelbereich sind die drei Evangelisten Matthäus, Lukas links und Markus dargestellt, alle drei als bärtige alte Männer mit Büchern in ihren Händen, mit pathetischen Gesten und ausdruckstarker Mimik die Aufmerksamkeit auf die frohe Botschaft ziehend, die sie zu verkünden haben. Dazu sieht man den Adler als Sinnbild des vierten Evangelisten. Darüber erhebt sich das Kruzifix mit Maria Magdalena zu Füßen von Jesus, flankiert von Maria in aufgewühlter Pose links und dem in jugendlicher Frische dargestellten Evangelisten Johannes rechts, beide auf eigenen Sockeln stehend, zu deren Füßen jeweils Engel den Sockel kaschieren. Diese besondere Stellung verdankt Johannes seinem Status als Lieblingsjünger Jesu. Neben den beiden Engeln zeigen Relieftafeln die Arma Christi (Marterwerkzeuge).
Diese Figurengruppe, das Wahrzeichen der Oberen Brücke, wurde 1715 von Leonhard Gollwitzer (1682-1737) geschaffen. Interessanterweise hat sich hierfür das Modell der Kreuzigungsgruppe erhalten; es befindet sich im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Inventar-Nr. Pl. 0.2182/2). Die Inschrift auf dem Sockel lautet: "Hanc Iconem curari fecit Praenobilis / Strenu(us) et Clariss(imus) Dom(inus) D(ominus) JOANNES PHILIPPUS de / CASCHE. Iu(ris). Licent(iatus). 5. Liber. Cauton. Suevi Consilu et Direct Synd / icus Adjuvante Prudentiae Dom(inus). D(ominus). JOANNE / FRIDERICO ROSENZWEIG / Urb. Bamberg. Senat. et Archit. Mil. etc.". Es handelt sich also um eine Stiftung des Syndicus und Rechtsgelehrten Johann Philipp de Casche bzw. de Caché, bei der ihm Johann Friedrich Rosenzweig, der Mann seiner Schwester, als Stadtbaumeister entwerfend zur Seite stand. Johann Philipp de Casche bzw. de Caché war seit 1710 bevollmächtigter gemeinschaftlicher Syndicus der unmittelbaren Ritterschaft in Schwaben am kaiserlichen Hofe. Die Schwäbische Reichsritterschaft bestand aus fünf Ritterkantonen (Kanton Donau, Kanton Hegau-Allgäu-Bodensee, Kanton Neckar-Schwarzwald-Ortenau, Kanton Kocher und Kanton Kraichgau), darauf spielt die Zahl in der Inschrift an: "5. Liber. Canton. Suevi" (aktuell als "Cauton." geschrieben). 1722 wurde er Direktorial-Syndicus des Ritterkantons Donau (gleichzeitig Direktionalkanton).
Neben dem Gekreuzigten hält ein Engel das Wappen des Stifters, der in der Inschrift mit "de Casche" auf dem Sockel und "de Cache" auf dem Rand des Wappens zeigt, daß er von Kaiser Karl VI. in Wien am 18.10.1712, also nur fast 3 Jahre vor der Aufstellung der Figurengruppe, geadelt, in den alten Reichsritterstand als "Edler von Caché, Ritter" erhoben und mit dem Palatinat ad personam begabt worden war, nach mehr als 30 Jahren im Dienste der Reichsritterschaft. Waschka geht in ihrem Artikel irrig von eigenmächtiger Annahme des Adelstitels aus, was nicht zutrifft, denn es liegt definitiv eine entsprechende Akte vor. Die Behauptung ist nicht nur unzutreffend, wie die Reichsadelsakten unter AT-OeStA/AVA Adel RAA 56.21 belegen, sondern ein solches Verhalten wäre damals auch nicht möglich gewesen, ohne einen existenzbedrohenden Skandal zu riskieren, insbesondere als Syndicus der Reichsritterschaft (!). Die Stiftung an dieser Stelle hat eine längere Geschichte: Der Großvater, Johann Franz Casche, aus Salanche in Savoyen stammend, ließ 1628 ein Kreuz zu Ehren der Dreifaltigkeit errichten. Der Vater, der Bamberger Glasermeister und Bürger Andreas Casche (-1701), unterhielt es, und Johann Philipp Casche ließ es 1687 gänzlich erneuern. Dieses Kreuz bestand noch aus Holz. 1705 wurde es von einem Sturm niedergerissen und stürzte ins Wasser. Der Ersatz gefiel dem Auftraggeber aber nicht; er wurde daraufhin an die Debringer Straße versetzt, während man für die Obere Brücke dieses Werk hier in Auftrag gab.
Das Wappen der Familie von Casche bzw. de Caché ist nach Siebmacher Band: WüA Seite: 187 Tafel: 100 und Band: BayA3 Seite: 166 Tafel: 116 unter Berufung auf die Reichsadelsakten geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz ein wachsender Mann in goldenem Gewand und mit roter Kopfbinde, in der Rechten einen goldenen Zirkel haltend (hier eher ein sichelförmiges Objekt), Feld 2 und 3: blau-golden geteilt, oben ein goldener Stern, unten ein blauer Sparren. Auf dem gekrönten Helm wird zu blau-goldenen Decken ein goldener Stern zwischen zwei schwarzen Flügeln geführt, die nach Siebmacher BayA3 und WüA rechts mit dem goldenen Buchstaben "C", links mit der Zahl "VI" belegt sind, wovon hier aber nichts zu sehen ist. Auch Zirkel und Kopfbinde entsprechen in der aktuellen, mehrfach restaurierten Form nicht mehr der Abbildung in den Reichsadelsakten.
Weitere Wappen befinden sich seitlich außen am Sockel. Ein schwerer Sturm verursachte 2016 einen großen Schaden an der 2,10 m hohen und fast eine Tonne schweren Figur der Maria, als ein großer Ast auf sie herunterbrach. Die Figur zerbrach und mußte in einem Steinrestaurierungsbetrieb repariert werden. Erst im August 2018 konnte die beschädigte Figur an ihren Stammplatz zurückkehren. Die anderen Figuren sind zuletzt 2004-2006 und 2017 restauriert worden.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.8915071,10.886992,19.5z - https://www.google.de/maps/@49.8916044,10.8872843,36m/data=!3m1!1e3
Adelheid Waschka: Die Bildhauer Häußler, Johann Nikolaus Resch
und Leonhard Gollwitzer (1682-1737), Barockunternehmer und ihre
Werke im Raum Staffelstein: http://www.kis-badstaffelstein.net/mediapool/43/432564/data/Kunst_Kultur_in_Bad_Staffelstein_I_Barockunternehmer_219-238.pdf
Joachim Heinrich Jäck: Leben und Werke der Künstler Bambergs,
1. Teil A-I, Erlangen 1821, https://books.google.de/books?id=Ha0yAQAAMAAJ, S. 121-122
Achter Bericht über das Bestehen und Wirken des historischen
Vereins zu Bamberg 1843, Bamberg 1845, https://books.google.de/books?id=o_cOAAAAYAAJ, S. 71 ff.
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Reichsadelsakten: http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1522983
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