Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1256
Bad König (Odenwaldkreis)

Bad König, Schloß

Das Schloß von Bad König, einst ein Wehrkirchhof in kirchlichem (Kloster Fulda), zuletzt mainzischem Besitz, gehört den Schenken von Erbach als Lehen seit dem 15. Jh. und besteht aus zwei ganz unterschiedlichen Teilen, einem älteren zur Linken und einem barocken zur Rechten. Der ältere Teil entstammt im wesentlichen aus der Renaissance, wobei der Bauherr Georg II. Graf v. Erbach (18.1.1506 - 27.8.1569, kurpfälzischer Unterlandvogt im Elsaß, zu Michelstadt, Fürstenau, Reichenberg und Tannenberg, Mitherr zu Breuberg, 1560 auch zu Wildenstein, vermählt mit Elisabeth Pfalzgräfin bei Rhein zu Simmern) um 1556/61 (Pichl) ein bereits bestehendens älteres Bauwerk aus der Zeit seines Großvaters Georg I. v. Erbach (1438 urkundlich - gest. 17.3.1481, vermählt 1472 mit Cordula v. Frauenberg zum Haag) tiefgreifend umbaute. Eine weitere Baumaßnahme fand 1624 unter Johann Kasimir Graf v. Erbach (10.8.1584 - 14.1.1627) statt, darauf verweist ein am Verbindungsbau zwischen Renaissance- und Barock-Schloß in Zweitverwendung eingemauerter Wappenstein mit dieser Jahresangabe (ohne Abb.).

Der linke Teil des im Stadtkern auf einer Anhöhe an der SO-Seite des Ortes gelegenen Ensembles ist eine zusammenhängende Baugruppe aus drei Einheiten, dem Schloß als stadtseitigem Flügel, links dahinter die Kirche, rechts dahinter das Kammergebäude. Alle drei umschließen einen kleinen Hof, der nach hinten an die ehemalige Stadtbefestigung grenzt, und in den man durch die rundbogige Durchfahrt in der rechten (westlichen) Gebäudehälfte gelangt. Über eine Freitreppe gelangt man zum ehemaligen herrschaftlichen Lustgarten. Das Schloß wird seit 1993 von der Gemeinde als Rathaus genutzt, denn 1919 bekam die Gemeinde das Schloß als Schenkung; den Eigentümern war der Unterhalt zu aufwendig. Das mit seiner breiten, vielachsigen Front den Schloßplatz dominierende Schloßgebäude auf steinernem Sockel selbst ist scheinbar dreistöckig, über einem massiv gemauerten Geschoß folgen ein Fachwerkgeschoß und darüber ein breites Fachwerk-Giebelgeschoß, dessen Schmalseiten abgeschrägt sind. Aus der Renaissance stammen nur noch wenige Bauteile, denn im 18. Jh. wurde das Schloß aufgestockt und umgebaut. Sein heutiges Aussehen erhielt das Schloß in der Zeit um 1775. Die heutige Bemalung, die über dem Tor das Stadtwappen zeigt, entspricht nicht dem ursprünglichen Zustand, sondern stammt aus dem 20. Jh. und orientiert sich an freigelegten Farben aus dem späten 18. Jh.

Besonders interessant sind zwei sekundär im Innenhofbereich in die Wand eingelassene Wappensteine, die stilistisch in das 15. Jh. gehören. Sie könnten aus dem ersten, von Georg I errichteten Bau stammen, dann wäre die Zuordnung des einen Steines Georg I. v. Erbach (1438 urkundlich - gest. 17.3.1481), die des zweiten Steines seine 1472 geehelichte Frau Cordula v. Frauenberg zum Haag (- 28.3.1501). Das Erbacher Wappen zeigt einen rot-silbern geteilten Schild mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben. Die Helmzier bestünde aus zwei silbern-rot übereck geteilten Büffelhörnern. Helmdecken rot-silbern. Das Wappen der Frauenberg zum Hag/Haag zeigt in Rot ein silbernes Pferd, die Helmzier wäre die Frauenbergische: eine Spitzhaube von Pelz, oben gekrönt und in der Krone ein Pfauenspiegel, die Decken wären rot-silbern.

Als 1747 die Erbachische Landesteilung stattfand, kam das Amt König an die Linie der Grafen von Erbach-Schönberg. Georg August Graf zu Erbach-Schönberg (17.6.1691 - 29.3.1758) ließ das alte Schloß als Jagdhaus herrichten. Kurzfristig wurde Bad König Sitz der Regierung, als man 1750 die Hauptresidenz, Schloß Schönberg an der Bergstraße, wegen Brennholzknappheit verließ und nach Bad König verlegte. In dieser Zeit wurde - neben anderen baulichen Veränderungen - das sog. "Neue Schloß" oder "Graf Christians Bau" (nach dem Bauherrn Christian Graf zu Erbach-Schönberg (7.10.1728 - 29.5.1799)) errichtet, ein relativ schmuckarmer, spätbarocker Putzbau von zwei Geschossen mit Werksteingliederung in Sandstein, mit einem Portal mit Segmentbogengiebel und mit einem Mansarddach, das in der Mitte ein Zwerchhaus mit Schweifgiebel und Wappen hat. Es wurde 1792-93 von Adam Becker aus Miltenberg nach Entwürfen des Gießener Kollegienrats Franz Ludwig von Cancrin erbaut und war bis 1926 Wohnsitz der Grafen und späteren Fürsten von Erbach-Schönberg. Das Neue Schloß wurde bis 1993 als Rathaus und wird heute von der Meinhardt Marketing GmbH genutzt. Aus der Zeit dieses Umbaus stammt auch der Kammerbau am Schloßhof.

Das Wappen im Zwerchgiebel zeigt in einer asymmetrisch geschweiften Rocaille-Kartusche das aus Erbach und Breuberg gevierte Wappen, wie es seit 1556 geführt wurde:

Das Wappen wird hier ohne Oberwappen geführt und von einer Lorbeer-Girlande eingerahmt, eine Stilmischung der Übergangszeit des ausgehenden 18. Jh.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Schloß Bad König:
http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/074_Koenig_Schloss.xml
Schloß Bad König:
http://www.odenwald.de/sights/index.php?id=48 und http://212.227.184.88/stadt/sehenswuerdigkeiten/nschloss.htm sowie http://212.227.184.88/stadt/sehenswuerdigkeiten/aschloss.htm
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach im Odenwald: Wappen erzählen Geschichte. Aus der Geschichte von Stadt und Grafschaft Erbach, Band 7, Herausgeber: Magistrat der Kreisstadt Erbach im Odenwald und Historischer Verein für die Kreisstadt und ehemalige Grafschaft Erbach e.V., ISBN 3-9801518-2-4
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Hessische Kunstdenkmäler:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=11809&session=913&event=Query.Details

Bad König (Odenwald): Ev. Kirche

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