Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2433
Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis)

Das westliche Kurhaus von Bad Ems

Nach einer Umgestaltung durch den Karlsruher Architekten Wilhelm Vittali (28.5.1859-20.12.1920) in den Jahren 1912-1913 kann man kaum noch erkennen, daß das auf dem nördlichen Lahnufer befindliche und ortsbildprägende Kurhaus in der Römerstraße einmal aus zwei ganz unterschiedlichen Teilen bestand und westliches und östliches Kurhaus sogar zwei verschiedenen Landesherren gehörten. Sowohl den Landgrafen von Hessen als auch den Grafen von Nassau gehörten die Emser Badeanlagen, zunächst gemeinsam. Wie so oft bei gemeinsamen Besitz gab es auch hier Streitigkeiten, bis man beschloß, den Besitz 1695 zu teilen: Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt (15.12.1667-12.9.1739), Sohn von Ludwig VI. Landgraf von Hessen-Darmstadt und Elisabeth Dorothea Herzogin von Sachsen-Gotha-Altenburg, bekam den westlichen Teil, und Albertine Agnes Prinzessin von Nassau-Oranien (9.4.1634-14.5.1696), Witwe von Wilhelm Friedrich Fürst von Nassau-Dietz (7.8.1613-1664), bekam den östlichen Teil.

Die Landgrafen begannen schon 1695 mit dem Umbau ihres aus dem Jahr 1583 stammenden Badehauses. Der Bau war winkelförmig und schlicht. Erst 1709-1715 begann der Nachbar, Albertines Erbe, das Haus Nassau-Oranien, seine Hälfte schloßartig umzubauen: Die Oranier planten einen großartigen Komplex mit dem Haupttrakt parallel zur Lahn und zwei Seitenflügeln, mit drei Obergeschossen und Mansarddach mit Gauben über dem Mansardgeschoß. Von diesem "Fürstlich Oranien-Nassauischen Badehaus" wurden aber nur der Hauptflügel und der östliche Seitenflügel ausgeführt, so daß sich ein weiterer L-förmiger Grundriß auch dieser Hälfte ergab. 1866 ging das Bad in preußischen Staatsbesitz über. Beide einst rivalisierende Hälften wurden dann durch Vittali aneinander angeglichen, so daß der Gesamtbau heute wie ein großes Kurschloß mit einem einzigen großen Ehrenhof wirkt. Der Trick dabei war, den Mittelrisalit nach Westen zu verschieben, den hessischen Teil um ein Geschoß aufzustocken und die neobarocken Fassaden zu vereinheitlichen. In dem Gebäude ist heute Häckers Hotel untergebracht.

Am linken, westlichen Teil sind noch heraldische Spuren der einstigen Besitzer zu finden, der Landgrafen von Hessen. Im Erdgeschoß ist dieser Stein in die Wand eingelassen, der das landgräfliche Stammwappenbild innerhalb eines kreisrunden Lorbeerkranzes zeigt, in Blau ein silbern-rot mehrfach geteilter, hier doppelschwänziger, aufrechter Löwe, golden gekrönt und ebenso bewehrt. Das Rot ist hier freilich verblichen.

Über einem Arkadenbogen, der früher als Eingang diente, ist ein fast bis zur Unkenntlichkeit übermaltes komplexeres Wappen des Hauses Hessen-Darmstadt zu finden, wie es zwischen 1642/1659 und 1736 geführt wurde, mit gespaltenem und zweimal geteilten Hauptschild, Feld 1: Fürstentum Hersfeld, in Silber ein rotes Patriarchenkreuz, Feld 2: Grafschaft Ziegenhain, schwarz-golden geteilt, oben ein silberner sechsstrahliger Stern, Feld 3: Grafschaft Katzenelnbogen, in Gold ein roter Löwe, blau bewehrt und blau gekrönt, Feld 4: Grafschaft Diez (Dietz), in Rot zwei goldene, blau bewehrte schreitende Löwen übereinander, Feld 5: geteilt, oben Grafschaft Nidda, schwarz-golden geteilt, oben zwei achtstrahlige silberne Sterne, unten Grafschaft Isenburg-Büdingen, in Silber zwei schwarze Balken, Feld 6: Grafschaft Schaumburg, in Rot ein silbernes genageltes Nesselblatt, belegt mit einem silbern-rot geteilten Schildchen, Herzschild: Landgrafschaft Hessen, in Blau ein silbern-rot mehrfach geteilter aufrechter Löwe, golden gekrönt und golden bewehrt. Auf der Kartusche ruht ein Fürstenhut.

Ein weiteres Wappen befindet sich im Innern des Kurhauses, und zwar im östlichen Teil (im Foyer noch vor dem Portier nach rechts in den angrenzenden Saal gehen). Dort ist an der Wand das aus schwarzem, weiß marmorierten Stein gehauene Allianzwappen aus den unter einem Fürstenhut zusammengestellten Einzelkartuschen Hessen und Nassau-Oranien als Spolie angebracht. Diese Kombination paßt zu Johann Wilhelm Friso Fürst von Nassau-Oranien (4.8.1687-14.7.1711), der mit Maria Louise Landgräfin von Hessen-Kassel (7.2.1688-9.4.1765) verheiratet war, allerdings wären dann beide Kartuschen entgegen der üblichen Anordnung von der Witwe vertauscht worden. Das inhaltlich spannende Wappen von Nassau-Oranien ist in Farbe am Friso-Brunnen in Diez zu sehen (Beschreibung siehe dort).

Literatur, Links und Quellen:
Paul Georg Custodis: Bad Ems, Rheinische Kunststätten, hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Heft 6/1975, S. 13-14
Olaf Vieweg, Die Entwicklung des hessischen Wappens bis zur französischen Revolution, Karfunkel 40, ISSN 0944-2677, Juni/Juli 2002, S. 61-62
Siebmacher's Wappenbücher, Souveräne 1.1.1. Hessen
Wilhelm Vittali:
http://stadtlexikon.karlsruhe.de/index.php/De:Lexikon:bio-0237
Wilhelm Vittali:
https://deu.archinform.net/arch/67423.htm
Häckers Hotel:
http://haeckers-hotels.com/grandhotel-bad-ems/hotel/geschichte-philosophie/
Kurhaus:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurhaus_(Bad_Ems)

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