Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2848
Bühl (Landkreis Rastatt)

Der Gasthof "Zum Badischen Hof" (Hauptstraße 36)

An dem Gasthaus "Zum Badischen Hof" in Bühl (Landkreis Rastatt) in der Hauptstraße 36 ist zur Straße hin eine historische  Wappentafel angebracht, die von einem Vorgängerbau stammt. Die sandsteinerne, heute farbig gefaßte Tafel von ca. 1,30 m Höhe und gleicher Breite befand sich einst am Windecker Schloßhof, einer Tiefburg der Herren von Windeck. Eigentlich hatten diese ihren Stammsitz auf der Burg Altwindeck, doch diese war wohl in der Mitte des 16. Jh. baufällig, so daß sich Jakob von Windeck im Tal eine ältere Anlage zu Wohnzwecken herrichten ließ, und aus dieser Zeit stammt der auf das Jahr 1563 datierte Stein. Die auf einem 378 m hohen Bergsporn über Bühl gelegene Burg Windeck bzw. Alt-Windeck stammt aus der Zeit um 1200, brannte aber Ende des 14. Jh. aus. Reinhard von Windeck ließ sie wieder herrichten, doch nach dem Erlöschen der Alt-Windecker Linie waren ihre Tage gezählt. Die Herren von Windeck hatten noch eine zweite Linie, die zu Burg Neu-Windeck, welche bei Lauf liegt. Beide Linien waren zeitweise untereinander zerstritten. Anna von Alt-Windeck, Erbtochter von Burkhard von Alt-Windeck, heiratete 1466 Berthold IV. von Neu-Windeck, und so kam Burg Alt-Windeck an die andere Linie, von der sie noch ein bißchen genutzt wurde, aber im 16. Jh. zum Steinbruch verkam. Man hatte kein Interesse mehr an der baufälligen Ruine und wohnte lieber unten im Ort. Die bereits teilweise verpfändete Burg Neu-Windeck wurde ebenfalls im 16. Jh. zerstört. Von Burg Alt-Windeck stehen noch zwei Bergfriede und einige Mauern in der Nähe eines Ausflugsgasthofes.

Besagter Jakob von Windeck war der Sohn von Wolfgang von Windeck und dessen Frau Johanna von Thann. Er heiratete 1550 Elisabeth von Reinach, die aber in den Quellen schon 1551 als verstorben angegeben wird, wobei das aber fragwürdig ist. Elisabeth war die Tochter von Hans Wilhelms von Reinach zu Fröningen (Elsaß, dép. Haut-Rhin) und dessen erster Frau, Kunigunde von Sulz. In zweiter Ehe hatte er Salome von Flachslanden geheiratet. Bei Kindler von Knobloch fehlt Elisabeth bei den Nachkommen des Hans Wilhelm von Reinach. Für Elisabeth hatte es einmal eine Grabplatte in der kath. Pfarrkirche St. Johannes d. Täufer in Ottersweier gegeben, ebenfalls mit Ehewappen, die zwar in der historischen Literatur beschrieben ist, aber bei Baumaßnahmen 1723/1724 verlorengegangen ist. Beide Namen, "WINDECK" und "REINACH", sind auf der Tafel am Gasthaus angegeben. In den Europäischen Stammtafeln NF, Bd. 11, Taf. 117 gibt es zu Elisabeths Eheschließung unrichtige Angaben. Hier werden 1563 jedenfalls Mann und Frau (vielleicht die beiden Ehepartner darstellend?) rechts und links ihres Allianzwappens als Schildhalter verwendet, der Mann mit Barett, gepluderter Kleidung und mit einer Saufeder in der Rechten, die Frau hält mit der freien Hand ein Paar Handschuhe vor den Bauch. Über die Köpfe der Figuren ist ein Feston aus Lorbeerblättern gespannt, das in der Mitte von der geschweiften Tafel mit der Jahreszahl überdeckt wird.

Das Allianzwappen besteht aus den beiden Wappenschilden der Ehepartner, die unter der gemeinsam genutzten Helmzier des Mannes zusammengestellt sind. Das Wappen der Herren von Windeck zeigt gemäß Literatur in Blau mit silbernem linken Obereck einen goldenen Schrägrechtsbalken, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, golden gekrönter Frauenrumpf in blauem Gewand mit einem goldenen Schrägbalken und dem silbernen linken Obereck belegt, anstelle der Arme rechts ein goldenes und links ein silbernes Büffelhorn. Das Wappen wird verzeichnet im Scheiblerschen Wappenbuch, Folio 380, und im Alberti S. 1068. Vgl. auch Grünenberg und Siebmacher V. Hier ist das Motiv sowohl im Schild als auch im Oberwappen gewendet.

Das Wappen der Herren von Reinach zeigt in Gold einen roten, blau bewehrten, rotgezungten Löwen mit blauem Kopf (auch: mit blauer Kapuze). Die hier nicht verwendete Helmzier  wäre zu rot-goldenen Decken ein wachsender, goldener, blau bewehrter und rotgezungter Löwe mit einem roten Rückenkamm, dessen Spitzen mit natürlichen Pfauenspiegeln besetzt sind (Wappenbuch der Stadt Basel, Rietstap/Rolland, Siebmacher Band: Els Seite: 18 Tafel: 22, Band: Bad Seite: 70 Tafel: 42, Band: Bay Seite: 53 Tafel: 55). Die Familie erlangte 1635 den Reichsfreiherrenstand.

Ein gleichnamiger Jakob von Windeck war der letzte seines Geschlechts; mit ihm erloschen 1592 die Herren von Windeck. Er unternahm eine klassische Bildungsreise durch Frankreich, Spanien und Italien und kam sogar bis nach Palästina. Aus der Rückreise starb er in Venedig an einer Krankheit. Der Eigenbesitz der Familie fiel an die beiden Schwestern: Die jüngere Ursula von Windeck (-1658) bekam Alt-Windeck und heiratete Friedrich von Fleckenstein-Bickenbach. Das Wappen wurde nach dem Erlöschen der Familie von den Herren von Fleckenstein in ihr geviertes Wappen aufgenommen, ebenso wie die Helmzier als zweites Kleinod hinzugenommen wurde (Siebmacher Band: Els Seite: 33 Tafel: 36, Band: GfA Seite: 8 Tafel: 9). Mit dem Aussterben ihrer Familie kam die Ruine Alt-Windeck 1720 an die Markgrafen von Baden. Die andere Schwester, Elisabeth von Windeck, bekam die Ruine Neu-Windeck und das Haus in Bühl. Sie heiratete Johann Heinrich Hüffel, einen Straßburger Patrizier. Ihre Nachkommen nennen sich seitdem Hüffel von Windeck. Diese verkauften 1721 Ihre Besitzungen in der Ortenau ebenfalls an die Markgrafen von Baden. Die Lehen fielen größtenteils schon 1592 heim; die Lehensgeber waren einerseits das Reich und andererseits die Markgrafen von Baden.

Der Windecker Schloßhof wechselte mehrfach den Eigentümer. Im Jahre 1790 kam er an Bernhard Geppert, der um 1800 das heutige Hauptgebäude als Gastwirtschaft erbauen ließ und die alte Steintafel zur Dekoration verwendete und zwischen den Fenstern der beiden Geschosse in der Mitte der fünfachsigen Straßenfassade anbringen ließ.

Am flußseitigen Erker des Gasthauses "Zum Badischen Hof" befinden sich mehrere holzgeschnitzte und farbig gefaßte Wappen. Eines ist das der Freiherren von Sickingen, in Schwarz fünf (2:1:2) silberne Kugeln (Scheiblersches Wappenbuch, Folio 92, Siebmacher Band: NÖ2 Seite: 138 Tafel: 57-58, Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 26 Seite 76, 117, 123, 124, Otto Hupp, Münchener Kalender 1903, Zobel Tafel 313, Alberti S. 731, Rahrbach S. 241-243).

Optisch links daneben befindet sich das Wappen der Herren von Bach, in Blau ein von Silber und Rot mehrfach gestückter und oben schneckenförmig eingerollter Hut mit goldenem unteren Rand (Scheiblersches Wappenbuch, Folio 381, Oberbadisches Geschlechterbuch, Band 1, S. 25-27). Entwickelt hat sich diese Figur aus einem Widder- oder Ammonshorn. Es gibt in der Schenke der Burg Altwindeck innen an der Nordwand der Ritterstube eine Wappentafel mit diesen beiden Wappen, vermutlich vom ehemaligen Wasserschloß Bach stammend. Eine Kopie ist im Stadtmuseum Bühl. Das dritte Wappen (Abb. unten) zeigt einen Federbogen oder einen Flügel mit den Federn nach oben, im Detail unklar.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@48.6948,8.135834,20z - https://www.google.de/maps/@48.6947995,8.1358121,41m/data=!3m1!1e3
Deutsche Inschriften, Bd. 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, 2009, Nr. 322 (Ilas Bartusch), in:
www.inschriften.net, urn: nbn:de:0238-di078h017k0032203 - https://www.inschriften.net/baden-baden-und-landkreis-rastatt/inschrift/nr/di078-0322.html
Deutsche Inschriften, Bd. 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, 2009, Nr. 291† (Ilas Bartusch), in:
www.inschriften.net, urn: nbn:de:0238-di078h017k0029107 - https://www.inschriften.net/baden-baden-und-landkreis-rastatt/inschrift/nr/di078-0291.html
Deutsche Inschriften, Bd. 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, 2009, Nr. 64 (Ilas Bartusch), in:
www.inschriften.net, urn: nbn:de:0238-di078h017k0006406 - https://www.inschriften.net/baden-baden-und-landkreis-rastatt/inschrift/nr/di078-0064.html
Familie von Reinach im Historischen Lexikon der Schweiz:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D20105.php
Familie von Reinach bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reinach_(Adelsgeschlecht)
Burg Alt-Windeck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Windeck_(Bühl)
Burg Neu-Windeck:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Neu-Windeck
Webseite der Burg Alt-Windeck:
https://www.burg-windeck.de/de/burg-windeck/
Badischer Hof:
https://www.heimat-gastro.de/
Burg Alt-Windeck in der EBIDAT-Burgen-Datenbank: http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1593
Ruine Alt-Windeck auf Burgenreich:
http://www.burgenreich.de/burgruine%20alt-windeck%20geschichte.htm
Julius Kindler von Knobloch, Badische Historische Kommission (Hrsg.): Oberbadisches Geschlechterbuch (Band 3): M-R, Heidelberg, 1919
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kindlervonknobloch1919bd3/0447

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