Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 2872
Bergrheinfeld (Landkreis Schweinfurt)
Die Pfarrkirche Maria Schmerz in Bergrheinfeld
Die Pfarrkirche Maria Schmerz (Mater Dolorosa) steht im Zentrum von Bergrheinfeld mit dem eingezogenen, polygonal geschlossenen und von Strebepfeilern gestützten Chor nach Norden und der Einturmfassade nach Süden gerichtet, zwischen Hauptstraße, Mainstraße und Kirchgasse, also an der Stelle mit dem lebhaftesten Verkehr im Ort. Diese Kirche, zu der am 25.5.1688 durch den Propst des Klosters Heidenfeld, Georg Bauer, der Grundstein gelegt worden war, wurde am 8.6.1693 von Weihbischof Stephan Weinberger geweiht. Es gab an der Stelle, wo die neue barocke Kirche errichtet wurde, einen gotischen Vorläufer, die von den Adelsfamilien von Schaumberg und von Thüngen um 1250 errichtete Ganerbenkapelle (sogenannte "Maria-Ritter-Kapelle". Diese war allerdings im 17. Jh. zu klein geworden, und so entschloß man sich zum Neubau. Von ihr ist noch der Chor erhalten, der an der östlichen Langhauswand der barocken Kirche vorspringt. Heute dient dieses bauliche Relikt als Taufkapelle. Der Entwurf zur neuen Kirche stammt von Christian Ludwig Hermann (1687/88-9.5.1751). Das Langhaus besitzt außer den gebänderten Ecklisenen keine Gliederung. Jede Seite besitzt vier doppelbahnige Rechteckfenster mit einem Segmentbogengiebel. Die gleichen Fenster sind auf den fünf Flächen des Chores angebracht. Im Nordwesten ist außen unter einem Holzdach ein Ölberg aus der Auwera-Werkstätte aus der Mitte des 18. Jh. angebracht. In der Westseite führt direkt am großen Kreisverkehr ein Seitenportal ins Schiff. Der von Ecklisenen eingefaßte Turm ist im oberen Bereich aufwendiger gegliedert und trägt auf jeder Seite ein zweibahniges Fenster mit Dreiecksgiebel. Der Aufsatz ist achteckig mit rundbogigen Öffnungen; am Ansatz des Daches sind darüber jeweils noch einmal Segmentbogengiebel gesetzt worden. Der Aufsatz wird noch von einer Laterne bekrönt. Der Kirchturm wurde 1875 erneuert.
Am rechteckigen, von zwei Säulen flankierten und mit einem gesprengten Segmentbogengiebel bekrönten Hauptportal, das von Süden her durch den Turm in die Kirche führt, ist am Gebälk das Wappen des zur Bauzeit amtierenden Landesherrn angebracht, des Würzburger Fürstbischofs Johann Gottfried von Guttenberg (6.11.1645-14.12.1698, amtierte 1684-1698). Das Wappen sitzt relativ tief; der Raum zwischen den Giebelsegmenten ist leer. Einziger Schmuck des Gebälks ist ein Eierstab unter dem oberen Abschluß. Das Portal besitzt über den drei Stufen eine moderne Bronzetür aus dem Jahr 1963, eine Arbeit des Schweinfurter Goldschmieds und Metall-Bildhauers Ludwig Bossle mit seiner Darstellung des Weihnachtsgeschehens.
Die ovale Wappenkartusche ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau eine goldene Rose mit goldenem Butzen, Stammwappen der von Guttenberg, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine (von der Stange aus gesehen) rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Über der Wappenkartusche wird der rot gefütterte, hermelingestulpte (das ist hier falsch angestrichen, Hermelin wird mit schwarzen Schwänzchen auf Weiß dargestellt, nicht Rot auf Gold) Fürstenhut bzw. Herzogshut geführt, hinter dem Schild schräggekreuzt sieht man das gestürzte Schwert schrägrechts und den Krummstab schräglinks. Der Schmuckrahmen der Kartusche formt insgesamt zehn schneckenförmig eingerollte Elemente und besitzt ganz unten eine kleine Maske als Abschluß. Der Fürstbischof von Würzburg war Landesherr, aber der Ort Bergrheinfeld, der davor das Hochstift Eichstätt und zeitweise 1632-1634 während des Dreißigjährigen Krieges die Stadt Schweinfurt zum Dorfherrn hatte, war 1663 gegen Zahlung von 50000 Reichstalern ein Besitz des Juliusspitals Würzburg geworden, das bis zum Ende des Alten Reiches alleiniger Dorf- und Gerichtsherr blieb. Das Juliusspital war auch der Bauherr der Amtsvogtei und des großen Zehnthofes im Ort.
Im Inneren der Kirche gibt es sehenswerte Ausstattungsstücke, allen voran der 1781 geweihte Hochaltar aus der Werkstätte des Würzburger Hofbildhauers Johann Peter Wagner. Stilistisch steht er an der Schwelle zum Klassizismus und ist eine sehr interessante Schöpfung. Das Altarblatt zeigt die Kreuzerhöhung. Der Altar trägt vier lebensgroße Seitenfiguren auf Podesten, die die Heiligen Petrus, Paulus, Kilian und Burkard darstellen. Gott Vater auf einem Strahlenkranz, umgeben von einem Engelskreis, ein in dieser Variante seltenes Thema, ist über dem Altar angebracht. Die beiden Seitenaltäre besitzen Gemälde von Oswald Onghers aus dem Jahr 1698, das rechts stellt den Ortspatron Sebastian dar, das links ein Maria-Hilf-Motiv. Auf dem rechten Seitenaltar steht eine kunstvolle Figur des hl. Joseph von Nazareth. Auch die 1784 hergestellte Kanzel ist künstlerisch interessant, auch sie stammt von Johann Peter Wagner und ist ein Werk des Frühklassizismus. In den Wandnischen des Kirchenschiffs stehen zwei um 1740 entstandene Holzfiguren aus der Auwera-Werkstätte, die Maria Himmelskönigin und St. Josef darstellen. Beide Figuren sind künstlerisch qualitätvoll. Die neuzeitlichen Figuren des hl. Wendelin und des hl. Sebastian hingegen wirken dagegen künstlerisch blaß. Der Stuck im Langhaus ist spätes Rokoko, angefertigt von Peter Helmut, Eltmann. Die Orgel ist eine Mischung von Alt und Neu: Von der alten Orgel stammt der Prospekt, auch er stilistisch am Übergang vom Rokoko zum Frühklassizismus, mit verspielten, vorhangartigen Rankenornamenten und mehreren aufgesetzten Vasen. Die Technik dahinter ist eine Mischung, von der alten Orgel wurden einige Register übernommen, aber im wesentlichen wurde das Instrument 1980 auf 21 Register mit 1504 Pfeifen erweitert. Diese neue Orgel wurde am 7.12.1980 eingeweiht. Die beiden Deckengemälde sind neueren Datums, sie zeigen die Himmelfahrt der Unbefleckten Empfängnis und die Kreuzigung Christi und wurden 1930 von den beiden Münchener Kunstmalern Waldemar Kolmsperger und Josef Gammerler ausgeführt. Die Kirche wurde einmal 1930 und einmal 1993 anläßlich ihres 300jährigen Jubiläums tiefgreifend renoviert.
Die Pfarrei bildet heute im Bereich des Dekanats Schweinfurt-Süd zusammen mit der Kuratie St. Michael in Garstadt (Zusammenlegung am 1.1.1990) und der Pfarrei Kreuzauffindung in Grafenrheinfeld einen Verbund, die Pfarreiengemeinschaft "Zu den Frankenaposteln im Maintal".
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google
Maps: https://www.google.de/maps/@50.00657,10.1808495,20z - https://www.google.de/maps/@50.00657,10.1808495,83m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger
Fürstbischöfe, hrsg. vom Bezirk Unterfranken, Freunde
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger
Diözesangeschichtsverein, Würzburg, 1974, 192 S.
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Johann Gottfried von Guttenberg in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_von_Guttenberg
Familie von Guttenberg in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Guttenberg_(Adelsgeschlecht)
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Winfried Romberg (Bearb.): Die Würzburger Bischöfe von 1684 bis
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Webseite der Pfarrei: https://pg-im-maintal.de/pfarrgemeinden#bergrheinfeld-pfarrei-maria-schmerz mit Geschichte der Kirche - https://pg-im-maintal.de/pfarrgemeinden#maria-schmerz-kirche
Informationstafel an der Kirche, Text von Karl Schöner
Bergrheinfeld auf der Seite des Hauses der Bayerischen
Geschichte: https://www.hdbg.eu/gemeinden/index.php/detail?rschl=9678115
Die Kirchen in Bergrheinfeld: http://www.bercher-kerm.de/Kirche.htm
Bergrheinfeld im Schweinfurtführer: https://www.schweinfurtfuehrer.de/stadtrandgemeinden/bergrheinfeld/
Pfarrkirche Maria Schmerz in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Mater_Dolorosa_(Bergrheinfeld)
Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Franken, die
Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken,
Deutscher Kunstverlag, München 1999, S. 215
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