Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3057
Bregenz (Bundesland Vorarlberg, Österreich)

Pfarrkirche St. Gallus: Caspar Schoch

Innen in der Pfarrkirche St. Gallus befindet sich in der Nähe der Kanzelstiege ein aus schwarzem Marmor gefertigtes Epitaph für Caspar Schoch (25.11.1610-16.8.1672). Die in ihrer Offenheit frappierend realistische Inschrift im unteren Teil der Platte lautet: "D(OMINVS) CASPARVS SCHOCH ALL/HIE LI(E)GT DER MADENSACK / NVN HELFEN DICH WEDER PISTOLL / NOCH PRACHT WEIL DV ABER DEN / GRABSTEIN HAST BEI ZEITEN G(E)MA/CHT WIRDT DICH HOFFENTLICH / GOT(T) NE(H)MEN IN OBACHT OBIIT AN(N)O / M DC LXXII DIE HODIE MICHI CRAS / TIBI GOT(T) WOLL(E) VNS ALLEN GN(A)EDIG / SEIN AMEN". Gegen Ende der Inschrift wird es zunehmend eng mit dem Platz und führt zu Überlagerungen, z. B. beim "NEMEN IN" sind die drei Buchstaben E, N und I auf einem Platz miteinander verschmolzen, und da die Platte bereits zu Lebzeiten in Auftrag gegeben wurde, war kein rechter Platz mehr für Jahreszahl und exaktes Datum, so daß es auch dort zu einer Überlagerung kommt. Die beiden "X" sind ganz unterschiedlich geschrieben und sind offensichtlich zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden, das erste zu Lebzeiten vorbereitet, das zweite nach dem Ableben nachgeschlagen. Während in den ersten Zeiten die Wörter noch durch Punkte voneinander getrennt werden, wurde auch das unten wegen Platzmangels weggelassen. Die allerletzten beiden Worte mußten sogar noch in kleinerer Schriftgröße unter den eigentlich vorgesehenen Platz gesetzt werden.

Die Dekoration des Grabsteines ist sehr kriegerisch. Unter dem Ende der Inschrift ist eine Kanone auf einer Radlafette eingehauen, nebst dem nötigen Zubehör zum Laden und Reinigen des Rohres und Luntenstöcken. Am linken Rand sind verschiedene Pistolen zu sehen, auf der anderen Seite Sturmleitern. Der Totenschädel als Memento mori zwischen Inschriften- und Wappenzone liegt vor einer Gruppe, Piken, Hellbarden und Fähnchen. Die Zwickel unter der kreisrund eingerahmten Wappenzone sind mit Trommeln, Trommelschlegeln, Kesselpauken und Trompeten gefüllt, und in den oberen Zwickeln sieht man einen Helm und gekreuzte Panzerhandschuhe. Das Leben des Verstorbenen war vom Kriegswesen geprägt, aber wie die Inschrift so schön sagt, nun helfen dem Madensack seine Pistolen auch nicht mehr.

 

Das Wappen der Schoch von Gwiggen ist ein ganz seltenes. Es ist geteilt, oben in Silber ein naturfarbener geharnischter und im Ellenbogen abgewinkelter Arm, der in der bloßen Hand ein Schwert schwingt, unten in Schwarz eine silberne Taube mit einem Ölzweig im Schnabel, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein naturfarbener, geharnischter und im Ellenbogen abgewinkelter rechter Arm, der in der bloßen Hand ein Schwert schwingt. Das Wappen ist weder im Siebmacher noch im Rietstap verzeichnet, einzig im Alberti S. 700 werden die Tinkturen angegeben.

Caspar Schoch stammte aus Kleinholzleute bei Wangen und kam aus einfachsten Verhältnissen; seine Eltern und er waren Leibeigene des Klosters Isny. Als der Dreißigjährige Krieg ausbrach, war er noch keine 8 Jahre alt. Er trat 1623 in Kriegsdienste ein, kämpfte auf kaiserlicher Seite und diente sich von ganz, ganz unten nach oben. Sein militärischer und sozialer Aufstieg ist in diesem Ausmaße außergewöhnlich. Angefangen hatte er nach seinem Schulabbruch im Alter von 12 Jahren als ungelernter Troßhelfer und Hundejunge beim Heer. Dieser Krieg wurde zu seinem Lebensinhalt. Als er mit Wallenstein 1628 Stralsund belagerte, war er 17 Jahre alt. Er wurde Musketier unter Hauptmann Brocken im Aldringerischen Regiment. 1630 kam er zum Reiterregiment Montecuccoli. In Oberitalien kämpfte er nach dem Aussterben der Hauptlinie des Hauses Gonzaga im Mantuanischen Erbfolgekrieg (1628-1631) für die habsburgischen und gegen die französischen Interessen. Dieser Einsatz brachte ihm einerseits eine schwere Fußverletzung und andererseits aufgrund seiner dort gezeigten Fähigkeiten und Tapferkeit den Aufstieg zum Offizier, wobei er unter den unterschiedlichsten Kommandeuren alle Stufen der Rangleiter erklomm, er wurde zum Obristleutnant und am Kriegsende zum Obristen befördert. Danach kämpfte er in Franken gegen die protestantische Seite. Die Schweden konnten ihn 1632 bei Nürnberg gefangennehmen. Drei Monate litt er als Gefangener. Nach einem Austausch machte er auf kaiserlicher Seite weiter und stieg zum Oberstfeldhauptmann auf. 1634 war er beim Sturm auf Landshut dabei, bei dem sein Regimentsführer von Aldringen fiel. Danach kam die Kompanie des Caspar Schoch zum Regiment des Grafen Adolf Erik von Puchheim. 1645 erhielt Caspar Schoch ein eigenes bayerisches Dragonerregiments mit 9 Kompanien zu insgesamt 857 Mann. 1646 geriet er bei der Verteidigung von Landsberg erneut in schwedische Gefangenschaft. Wieder frei, nahm er Kempten ein.

Im Kriegsjahr 1647 wurde das mittlerweile von Bayern zum Kaiser übergegangene Dragonerregiment Obrist Schoch der unter bayerischem Befehl stehenden Reichstruppen von Generalfeldzeugmeister von Enckevoirth (Enkevoer) an die Tiroler Grenze geführt, um gemäß kaiserlichem Befehl nach Innerösterreich zu rücken. Der Kaiser wollte das gute Regiment in Böhmen und Mähren bei seiner Hauptarmee einsetzen. Aus Furcht vor dem Kurfürsten von Bayern wurde jedoch der Durchzug durch Tirol von Erzherzog Ferdinand Karl und den tirolischen Ständen verweigert. Deshalb wurde das Regiment Schoch von Ehrenberg nach Oberschwaben geführt. Das Regiment wurde also im Bodenseeraum zurückgehalten, obwohl es der Kaiser im Südosten haben wollte, was zu Auseinandersetzungen und Interessenskonflikten führte. Generalfeldzeugmeister von Enckevoirth wollte mit dem Regiment Schoch Erfolge in Oberschwaben erzielen, wie die Eroberung von Wangen und Isny, die Befreiung Lindaus und die Sicherung des Bodenseeraums bestätigten. Obrist Schoch besetzte das von den Schweden geräumte Biberach und eroberte Schloß Wallerstein bei Nördlingen mit einem Trick (ein fingierter Marschbefehl hatte die Schweden auf die Straße nach Nördlingen gelockt) und erbeutete dabei 20 gegnerische Kanonen und erhebliche Munitionsvorräte. Auch Harburg, Oettingen und Gunzenhausen wurden besetzt, um das von den Schweden gehaltenen Nördlingen einzukesseln. Dann folgte der Angriff gegen Memmingen. Dann ging es gegen Überlingen. Ohne das Regiment Schoch hätte der Generalfeldzeugmeister von Enckevoirth seine Erfolge nicht erringen können und nicht die Überlegenheit im nördlichen Bodenseeraum herstellen können. Ein einzelnes Regiment hat also durch den Wechsel von Bayern zum Kaiser extrem viel, ja Kriegsentscheidendes in Süddeutschland bewirkt. Der Kaiser billigte diese Erfolge und beharrte nicht mehr auf die Verfügbarkeit des Regiments in Böhmen, vielmehr schenkte der dem Obristen Schoch und seinem Stellvertreter, Obristleutnant Flettinger, goldene Ketten für ihre militärischen Verdienste. 1648 wurde das Regiment Schoch an Bayern zurücküberstellt.

So realistisch, wie er sich zu Lebzeiten schon als zukünftigen Madensack bezeichnete, so realistisch war er auch im Kriegseinsatz: Eine seiner Marotten war, daß er stets einen Sarg für seine Bestattung mit sich führen ließ. Vielleicht halb ihm diese stets präsente "Erdung", den Krieg dennoch heil zu überstehen und nach Friedensschluß noch 24 Jahre zu leben. Er ließ sich nach 1648 in der Bregenzer Gegend nieder und kaufte 1649 vom Prämonstratenserkloster Weißenau den im Leiblachtal gelegenen Edelsitz Gwiggen im vorarlbergischen Hohenweiler (heute Abtei Mariastern-Gwiggen). Die Habsburger dankten ihm seinen unermüdlichen Einsatz für die kaiserliche Seite 1653 mit der Erhebung in den Adelsstand, außerdem wurde er mit dem Titel eines Kammerherrn belohnt. Einen kleinen Schönheitsfehler gab es aber noch. Ein kleiner, aber in einer Feudalgesellschaft des 17. Jh. nicht unerheblicher Fehler: Nach der Rechtslage war er immer noch Leibeigener des Klosters Isny! Davon mußte er sich 1653 für 1000 Taler für einen entsprechenden Freiheitsbrief loskaufen, und jetzt konnte er wirklich und tatsächlich dem Adelsstand angehören. Erzherzog Ferdinand Karl überließ ihm die Zwangsmühle an der Lauterach, samt dem Fischwasser. Am 24.8.1655 bekam er die niedere Gerichtsbarkeit über Gwiggen und Hohenweiler, am 29.9.1655 mit noch weiter ausgedehnten Rechten. Caspar Schoch wurde kaiserlicher Hofkriegsrat und oberster Feldhauptmann der vier Herrschaften vor dem Arlberg und 1657-1663 als Nachfolger von Fortunat Graf von Wolkenstein-Rodenegg Vogt beider Herrschaften Bregenz und Hohenegg. Nach ihm folgte als Vogteiverwalter Franz Apronian Pappus von Tratzberg.

Caspar Schoch heiratete in erster Ehe die aus Stockholm stammende und zum Katholizismus konvertierte Margarethe Gubert (-24.12.1650) und in zweiter Ehe Anna Freiin von Lapierre, geborene von Gerardi (-1662). Die erste Ehe war kinderlos, die zweite brachte einen Sohn, ebenfalls Caspar von Schoch (-22.2.1685) von Gwiggen, und zwei Töchter hervor. Caspar Schoch senior starb vermutlich an den Langzeitfolgen seiner erlittenen Kriegsverletzungen. So wie er auf Feldzügen seinen Sarg immer mitschleppen ließ, so stellte er ihn danach in seinem Schlafzimmer auf. Dieser und der vorbereitete Grabstein erinnerten ihn stets an das nahende Ende. Mit dem jung verstorbenen Sohn Caspar Schoch junior, kaiserlicher Lieutenant, erlosch die Familie schon wieder. Über die Schwiegertochter, Maria Elisabeth Reding von Biberegg, kam der Besitz in Gwiggen an deren zweiten Ehemann, Franz Seyfried von Thunau. Dieses Paar mußte allerdings Gwiggen 1711 wegen Überschuldung an das Damenstift Lindau verkaufen. Die beiden Töchter des Caspar Schoch senior waren Franziska Margarethe von Schoch, vermählte Freifrau von Lapierre, und Maria Anna von Schoch, Nonne im Konvent St. Anna zu Bregenz.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,20z - https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,88m/data=!3m1!1e3
Pfarrei St. Gallus:
https://www.kath-kirche-vorarlberg.at/bregenz/pfarren/bregenz-st-gallus/willkommen
Galluskirche:
https://www.brigantium.at/sankt-galluskirche
Bernd Warlich: Caspar von Schoch, in: Der Dreißigjährige Krieg in Selbstzeugnissen, Chroniken und Berichten
https://www.30jaehrigerkrieg.de/schoch-%E2%80%9Edon-kaspar-%E2%80%9Ekaspar-schach-caspar-von/
Caspar Schoch auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Caspar_von_Schoch
Briefwechsel von Enckevoirth im österreichischen Staatsarchiv
Paul Beck: Kaspar von Schoch, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 137 ff.
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Schoch,_Kaspar_von  und https://www.deutsche-biographie.de/sfz78888.html
Joseph Bergmann: Beiträge zu einer kritischen Geschichte Vorarlbergs und der angrenzenden Gebiete, besonders in der ältesten und älteren Zeit, in: Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, 4. Band, Wien 1853, S. 126-129 https://books.google.de/books?id=ZptFAAAAcAAJ
J. Siebmachers Grosses Wappenbuch Band E. Württembergisches Adels- und Wappenbuch. Im Auftrage des Württembergischen Altertumsvereins begonnen von Otto v. Alberti, Bauer & Raspe 1975 (Reprint), 1112 Texts. mit 4132 Wappen + 122 S. Figurenverzeichnis.
Alois Niederstätter: Die Vogteien Bregenz, Feldkirch, Bludenz und Neuburg bis 1750, ein Beitrag zur Verwaltungsgeschichte Vorarlbergs, in: Montfort, Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 63. Jahrgang, Band 1, 2011, S. 77-95
http://apps.vorarlberg.at/vorarlberg/pdf/m111niederstaettervogteie.pdf

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