Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3059
Bregenz (Bundesland Vorarlberg, Österreich)

Pfarrkirche St. Gallus: Johann Wilhelm Fritz

Dieses außen an der Kirche angebrachte Epitaph ist für Johann Wilhelm Fritz (-1704), Landschreiber beider Herrschaften Bregenz und Hohenegg. Er war in diesem Amt der Nachfolger von Diethelm Ulin von Kronhalden (Dienstrevers 1672), der 1690 wegen schlechter Amtsverwaltung abgesetzt wurde. Johann Wilhelm Fritz erhielt seinen Dienstrevers 1690 und amtierte bis zu seinem Tod. Sein Nachfolger wurde Johann Rudolf von Mohr (Dienstrevers 1704). Der Verstorbene war vermählt mit Barbara Lomberger und hatte mit ihr drei Kinder: Josef Rudolf, Franz Ignaz und Maria Anna Fritz. Das Epitaph ist zweigeteilt in eine Wappen- und eine Inschriftenzone. Letztere trägt den Wortlaut: "Hier li(e)gt begrab(e)n der wo(h)l / Ed(e)l geb(o)r(ene) Herr Jo:(hann) Wilhelm früz / Lands(c)hreib(e)r beider Herrschafften / bregenz u(n)d hochenegg / 1704". Das Wappen wird von zwei unten mit den Stielen schräggekreuzten Palmblättern eingerahmt. Die obere rechte Ecke des Steins war abgebrochen und ist angesetzt worden.

 

Das Wappen Fritz (Fruez) ist weder im Rietstap noch im Siebmacher zu finden. Darstellungen in Farbe verdanken wir der Fischnaler-Wappenkartei unter Hinweis auf die Sammlung Goldegg: Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz ein aufrechter goldener Löwe, der mit den Vorderpranken ein silbernes, golden gegrifftes Schwert schultert, Feld 2 und 3: in Rot ein silberner Sparren, von drei (2:1) vierblättrigen, silbernen Rosen begleitet. Hier wird der Schild von einer Krone abgedeckt.

In der Fischnaler-Wappenkartei wird noch eine andere Variante gegeben, geviert, Feld 1 und 4 wie zuvor, das Schwert eine Flamberge, Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Spitze, mit drei (2:1) grün gestielten und beblätterten Rosen, die in den roten Plätzen silbern, die im silbernen Platz rot, alle golden bebutzt, auf dem gekrönten Helm mit rechts schwarz-goldenen und links rot-silbernen Decken das Bild aus Feld 1 wachsend zwischen einem Flug, der rechte Flügel golden-schwarz, der linke rot-silbern geteilt. Diese zweite Variante entspricht hinsichtlich der Felder 2 und 3 nicht dem hiesigen Befund. Der Verweis auf ein Reichsritterdiplom von 1710 in der Fischnaler-Kartei dürfte hingegen den Fritz Edle von Cauvenstein zuzuordnen sein, deren Wappen bis auf das Vorhandensein eines Löwen keinerlei Ähnlichkeit mit dem hiesigen hat.

Für Österreich spielte der Raum Vorarlberg die Rolle eines Tiroler Vorhofs und eines Glacis in Richtung auf die Schweizer Eidgenossen. Der Erwerb von Tirol im Jahre 1363 war das weiträumig geopolitisch wichtigste Ereignis und infolgedessen erwachte das Interesse an den Landschaften südlich des Bodensees. Die Besitz- und Herrschaftsverhältnisse dort waren kleinteilig, vielfältig und meist reichsfrei. Schon 1363 konnte die Herrschaft Neuburg von den Thumb von Neuburg erworben werden. Feldkirch verkaufte der kinderlose Rudolf V. Graf von Montfort-Feldkirch 1375/1390 an die Habsburger, ebenso Dornbirn und den hinteren Bregenzerwald; Bludenz und das Montafon waren 1394 durch Verkauf von Albrecht III. Graf von Werdenberg-Heiligenberg an die Habsburger übergegangen. Bregenz war geteilt, sowohl die Herrschaft seit 1379 als auch die Stadt seit 1409. Herzog Sigmund von Österreich kaufte 1451 die südliche Hälfte der alten Grafschaft Bregenz für Österreich.

Die Herrschaft Hohenegg, ein Lehen der Äbte von Kempten, hat ihren Namen von der abgegangenen Burg Hohenegg bei Grünenbach und entspricht etwa dem Gebiet des heutigen Marktes Weitnau, zwischen Isny und Immenstadt gelegen. Die Edlen von Hohenegg, die ihren Sitz nach Vilsegg verlegten, verkauften ihre Herrschaft 1359 an Wilhelm III. Graf von Montfort-Bregenz. Die Grafen von Montfort verpfändeten die Herrschaft mehrfach. Gräfin Elisabeth von Montfort-Bregenz (1413-1458) verkaufte sie schließlich 1451, also gleichzeitig mit der südlichen Hälfte von Bregenz, an Herzog Sigmund von Tirol.

1453/1460 erwirkte Österreich den Zuerwerb von Tannberg, Kleinwalsertal und Mittelberg, das zuvor den Herren von Heimenhofen gehört hatte. Als vorletztes sicherten sich die Habsburger 1474 durch Kauf die ehemals werdenbergische, dann den Truchsessen von Waldburg gehörende Grafschaft Sonnenberg, wodurch die zweite Vogtei nun Bludenz-Sonnenberg hieß. Den letzten Teil der Herrschaft und der Stadt Bregenz erwarben die Habsburger erst 1523 von Graf Hugo; es handelte sich dabei um die halbe Burg auf dem Gebhardsberg samt Zubehör. Damit war die Einkaufsreise im südlichen Bodenseeraum erst einmal beendet, es folgten nur noch Kleinigkeiten zur Arrondierung.

Von 1456 bis 1543 war die Herrschaft Hohenegg erneut verpfändet, was ihr bei den habsburgischen Erwerbungen eine gewisse Sonderstellung gab. Die Habsburger schlugen nach der Wiedereinlösung des Pfandes die bis 1806 bestehende Herrschaft ihrem vorderösterreichischen Besitz zu und vereinigten die Vogtei mit Bregenz. Das lag weniger an territorialer Logik, denn die beiden Herrschaften hingen nicht zusammen und hatten keine gemeinsame Grenze, sondern an dem unbedeutenden Status der Herrschaft Hohenegg. Erst als Österreich im Laufe des 16. Jh. 1523 die Gerichte Grünenbach und Simmerberg, 1570 Weiler im Allgäu und Scheidegg und 1571 Altenburg erwarb, wurde eine Landbrücke zwischen der Herrschaft Bregenz und der Herrschaft Hohenegg geschaffen. Bregenz blieb aber stets in seiner Bedeutung vorrangig. Hohenegg wurde seit 1476 von einem Beamten verwaltet, dem Ammann, der auch als Abgeordneter zu den Landständen kam.

In den meisten dieser Zuerwerbungen wurde die persönliche Regierung durch reichsunmittelbare Familien nun durch habsburgische Verwaltungsstrukturen ersetzt. An der Spitze standen die dem Adelsstand entstammenden Vögte. Die Territorien in Vorarlberg ergaben insgesamt vier Vogteien, Neuburg, Feldkirch, Bludenz-Sonnenberg und Bregenz-Hohenegg, wobei Bregenz mit der im Allgäu gelegenen Herrschaft Hohenegg zusammen verwaltet wurde, wodurch die Formulierung "beider Herrschaften" erklärt wird. Der Vogt war für die stellvertretende Ausübung der Regierungsgewalt zuständig. Nur in Bludenz gab es dauerhaft einen Untervogt, der gleichzeitig der Stadtrichter war. In den anderen Vogteien konnte der Vogt einen Stellvertreter einsetzen, wenn er verhindert war, aber auf eigene Kosten, das war dann kein institutionalisierter Landesbeamter. Der Vogt war für die Wahrung der landesherrlichen Rechte, die Wahrung der Herrschaftsverhältnisse und die Instandhaltung der militärischen Anlagen zuständig. Sein Dienstsitz war die Bregenzer Burg auf dem Gebhardsberg, und nach der Zerstörung derselben durch die Schweden die Stadtburg in der Oberstadt. Als dieser Landschreiber von diesem Grabstein im Dienst war, amtierte als Bregenzer Vogt Franz Rudolf von der Halden, der seinerseits Fidel Zacharias Klöckler von Feldegg, Johann Leonhard Pappus von Tratzberg, Johann Andreas Pappus von Tratzberg und Rudolf Pappus von Tratzberg, als Vogteiverwalter eingesetzt hatte.

Das Finanzwesen war abgekoppelt, zumindest in den Herrschaften Bregenz-Hohenegg und Feldkirch. In Bregenz kümmerte sich ein Amtmann um die Verwaltung des Kammergutes und die Finanzverwaltung (und als der zweite Teil hinzugekauft wurde, hatte man auch noch den dortigen Landammann dazu), in Feldkirch war das der Hubmeister, anderer Titel, gleiche Funktion. Nur in Bludenz-Sonnenberg und im kleinen Neuburg machte das der dortige Vogt auch gleich mit. Dann brauchte man als drittes noch einen Verwaltungsbeamten für die Dokumentierung der Verwaltungsvorgänge und die Archivierung des Schriftguts, das war in Bregenz-Hohenegg der Landschreiber, und in Feldkirch war es der Hofschreiber bzw. der Hof- und Gegenschreiber. In Bludenz-Sonnenberg hatte man keine eigenen Beamten, sondern den Stadtschreiber von Bludenz und den Landschreiber von Sonnenberg gegen Einzelentlohnung dafür herangezogen. Die Obrigkeit in Bregenz-Hohenegg, der flächenmäßig größten der vier vorarlbergischen Vogteien, bestand also aus dem Vogt, dem Amtmann, dem Landammann und dem Landschreiber, den wir hier vor uns sehen. Der Vogt war der höchstrangige Verwaltungsbeamte und stand den anderen vor, aber die drei anderen waren unabhängig in ihrer Amtsausübung und ihm gegenüber nicht weisungsgebunden. Alle Vogteibeamten waren unmittelbar dem Landesfürsten unterstellt und allein ihm gegenüber verantwortlich. Dazu hatte die Stadt Bregenz noch ihren Stadtammann, und dazu konnte die Stadt Vorschläge machen, und die vier genannten Beamten wählten ihn dann aus. Als dieser Landschreiber von diesem Grabstein im Dienst war, amtierte als Bregenzer Amtmann Benedikt Reichart; der Landammann war Franz Leopold Pögle von Katzenstein.

Johann Wilhelm Fritz führte sein Amt bis 1704, das war noch vor der Verwaltungsreform, als alle Vogteien noch gleichberechtigt waren. 22 Jahre später reformierte Kaiser Karl VI. die Verwaltung und wandelte die Vogtei Bregenz in ein Oberamt um, und aus dem Vogt wurde der Oberamtsdirektor von Bregenz und Hohenegg. Die Vogteien Bludenz, Neuburg und Feldkirch waren nachgeordnet, was aber irrelevant war, da sie zu der Zeit verpfändet waren. Maria Theresia benannte das Ganze 1750 noch einmal um: Nun hieß die Vogtei "k. k. Oberamt der Graf- und Herrschaften Bregenz und Hohenegg".

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,20z - https://www.google.de/maps/@47.4984844,9.7479855,88m/data=!3m1!1e3
Pfarrei St. Gallus:
https://www.kath-kirche-vorarlberg.at/bregenz/pfarren/bregenz-st-gallus/willkommen
Galluskirche:
https://www.brigantium.at/sankt-galluskirche
Florian Hitz: Politische Strukturen und politische Kultur in den Acht Gerichten, 15.-17. Jahrhundert, Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg 2010
https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/11159/
Karl Heinz Burmeister: Herrschaft Hohenegg im Historischen Lexikon Bayerns:
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Hohenegg,_Herrschaft
Herrschaft Hohenegg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Herrschaft_Hohenegg
Grafschaft Bregenz in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Bregenz
Alois Niederstätter: Die Vogteien Bregenz, Feldkirch, Bludenz und Neuburg bis 1750, ein Beitrag zur Verwaltungsgeschichte Vorarlbergs, in: Montfort, Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 63. Jahrgang, Band 1, 2011, S. 77-95 http://apps.vorarlberg.at/vorarlberg/pdf/m111niederstaettervogteie.pdf
Alois Niederstätter: Beiträge zur Verwaltungsgeschichte Vorarlbergs (14. bis 16. Jahrhundert), in: Montfort, Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 39. Jahrgang, Band 1, 1987, S. 53-70
https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a147449.pdf
Franz Quarthal: Zur Geschichte der Verwaltung der österreichischen Vorlande, 1977, in: Franz Quarthal, Birgit Dürr, Georg Wieland: Die Behördenorganisation Vorderösterreichs von 1753 bis 1805 und die Beamten in Verwaltung, Justiz und Unterrichtswesen, Bühl/Baden: Konkordia, 1977 (Veröffentlichung des Alemannischen Instituts, 43), S. 43-162
https://elib.uni-stuttgart.de/bitstream/11682/5309/1/qua13.pdf
Wappen Fritz/Fruez in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12749&sb=fritz&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12759&sb=fritz&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12760&sb=fritz&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=12751&sb=fritz&sw=&st=&so=&str=&tr=99

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