Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3207
Larochette (Großherzogtum Luxemburg)
Das Manoir de Roebé in Larochette
Unterhalb des Burgberges mit der Burg Larochette (Fels) auf dem Elsbeth-Plateau befindet sich an der Rue de Mersch das Manoir de Roebé. Direkt gegenüber stand früher die alte Kirche Sankt Nikolaus, und wir befinden uns am Rande des historischen Ortszentrums. Zugleich ist das Manoir auch Symbol für die Entwicklung im Ort: War zunächst die Burg das Zentrum und der Sitz der häufig wechselnden und meist multiplen Herrschaft, so verließen die herrschaftlichen Familien nach der Zerstörung der Burg um 1565 durch eine Feuersbrunst den Hügel und bauten sich wohnlichere Sitze im Tal oder wohnten ganz woanders.
Das Anwesen nimmt die Parzellen 33 und 35 Chemin J.-A. Zinnen ein, erstere für das langgestreckte, zweigeschossige Wohngebäude, letztere für die mehrteiligen Wirtschaftsbauten. Beide Baukörper bilden eine stilistische Einheit. Das Anwesen, das seit seiner Errichtung das größte Anwesen im Ort war, lag am Rande des alten Ortskerns, aber noch innerhalb des historischen Stadtmauerverlaufs, und grenzte an das Untere Tor. Im Baujahr 1725 machte eine Stadtmauer zwar militärisch keinen Sinn mehr, schützte aber vor Räubern und Dieben. Noch heute ist das Anwesen nach Norden, zum Chemin J.-A. Zinnen, zur Rue de Mersch und zur Rue Bourberg größtenteils von einer Mauer umgeben und daher gut als architektonische und funktionale Einheit wahrnehmbar.
Vor dem Neubau befanden sich die Parzellen in Besitz von Dederich von Stein, Herr zu Nouville, der damals der drittgrößte Immobilienbesitzer im Ort war. Pierre-Ernest Schramm (-1732), Offizier, erst Vogt der Ortsherrschaft und bald selber einer der Ortsherren, war nicht nur dessen Nachbar, sondern auch ein aufstrebender Konkurrent als Immobilienbesitzer, und er sammelte durch Zukauf Grundstücke und Rechte, und er konnte schließlich die Parzellen am Tor hinzuerwerben. Bereits sein Vater hatte sich Grundstücke und Rechte im Ort gesichert. Die arrondierte Fläche nutzte der Käufer für einen ab 1725 errichteten Neubau, wobei bestehende Gebäudeteile nach Möglichkeit integriert wurden, so z. B. der Kernbau des großen Wirtschaftsgebäudes im Norden und eine Wand im Bereich der späteren Küche, wo noch Fenstergewände aus der Renaissance erhalten sind. Neu ist hingegen das lange Wohngebäude im Stil des frühen Barocks. Schramm ließ diesen Wohnbau mit Kreuzstockfenstern, mit Turm und Aborterker ausstatten, womit er typische Elemente der Herrschaftsarchitektur kopierte, wie es sie auch oben auf der Burg gab. Das entsprach seinem sozialen Status als einer der vier Herren der Herrschaft Larochette; die anderen drei waren die Familie Mohr von Wald, der Baron de Martial und die Familie de Stein; gemeinsam teilten sie sich die Herrschaft.
Das frühbarocke Hauptportal an der Rue de Mersch wird von zwei Halbsäulen mit Kompositkapitellen flankiert, die über dem Gebälk einen Segmentbogengiebel tragen. Das Wappen der Familie Schramm im Bogenfeld zeigt in Blau einen oben und unten gedornten goldenen Balken zwischen drei (2:1) sechszackigen silbernen Sternen (frz.: dazur à la fasce engreslée dor, accompagnée de trois étoiles à six rais d'argent), auf dem Helm ein sechszackiger silberner Stern (frz.: cimier: une étoile de lécu). Das Wappen ist weder im Rietstap noch im Siebmacher verzeichnet, nur im Loutsch. Das Wappen wird von der Jahreszahl 1725 begleitet. Die Holztür mit Rauten in vier Feldern ist noch bauzeitlich.
Pierre-Ernest Schramm (-1732), der selber keine Nachkommen hinterließ, vermachte das Anwesen testamentarisch seinem Neffen, Jean-Théodore Heuardt. Dieser war Bürgermeister von Lintgen. Dessen Enkelin war Joséphine Heuardt, die Marc-Antoine de Roebé (1784-1829) heiratete. Daher bekam das Manoir seinen heute geläufigen Namen. Marc-Antoine de Roebé nahm umfangreiche Veränderungen vor: 1.) Das Gebäude an der südwestlichsten Grundstücksseite wurde eingerissen, dadurch wurde die Anlage großzügiger und freier in ihrer Wirkung, weil die Fläche danach nicht mehr so dicht bebaut war. 2.) Er ließ das Renaissance-Gebäude aus Zeiten der Familie Stein instandsetzen, wobei er die Außenmauern und die Wendeltreppe beibehielt, aber im Westen einen Anbau hinzufügte. 3.) Er ließ nach 1811 die bis dahin barocke Fassade des Haupthauses im Stil des Klassizismus umgestalten. 4.) Er erneuerte die Innenausstattung im Stil der Zeit.
Marc-Antoine de Roebé hatte einen Sohn namens Victor de Roebé (1823-1889), der das Anwesen danach übernahm. Er wohnte allerdings nur selten hier. Zeitweise arbeitete er in den 1850er Jahren als Notar im Ort, aber dann stieg er auf zum Erziehungs- und Finanzminister in der Stadt Luxemburg und bezog eine Wohnung in der Rue de la Porte-Neuve. In der nächsten Generation ging das Manoir an Victors Sohn Théodore de Roebé. Auch dieser lebte kaum in Larochette, weil er als Ingenieur Arbeit bei den Hochöfen in Esch-Alzette fand. 1865 gab es ein großes Feuer im Ort, das das Anwesen ohne größere Schäden an der Substanz überstand. Théodores Schwester Elise de Roebé (1851-1913) lebte hingegen wirklich im Ort; sie wurde bekannt für ihr soziales Engagement. Elise installierte z. B. nach 1897 eine soziale Krankenstation in den Gebäuden und stellte einer Glaubensgemeinschaft Räume für Versammlungen zur Verfügung. Über Théodores Nachkommen wechselte erneut die Besitzerfamilie, denn das Haus kam jetzt durch Heirat an die Familie de Vaulx, die es aber kaum bewohnte, sondern eher als Ferienhaus nutzte.
Bis 1994 blieb das Anwesen in Familienbesitz der de Vaulx. Zuletzt war es ziemlich sanierungsbedürftig. Im Jahre 1994 kaufte der Staat das historische Anwesen, das schon vor dem Verkauf an Schramm einmal als Versammlungsort der Gerichtsherren und von der Gemeinde genutzt worden war, und 2003-2007 wurde es von der Gemeinde zur Eigennutzung instand gesetzt und unter Berücksichtigung historischer Vorgaben umgebaut. Heute ist in dem ehemaligen Manoir die Gemeindeverwaltung (Administration Communale) untergebracht; teilweise sind die Räume als Bürogebäude vermietet.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.784762,6.2194556,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.784762,6.2194556,158m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Dr. Jean-Claude Loutsch, Armorial du pays de Luxembourg, 1974
Jules Vannérus: La Famille Schramm de Larochette, in: Ons
Hémecht, 1916, S. 38-46, 97-104, 137-141, 194-197 und 321-324,
weiterhin 1919, 1920, 1921.
Wiepke van Aaken, Stéphanie Toussaint, Christina Mayer:
Nationale Inventarisierung der Baukultur im Großherzogtum
Luxemburg, Kanton Mersch, Gemeinde Larochette, hrsg. vom Service
des sites et monuments nationaux und dem Etat du Grand-Duché de
Luxembourg, Luxembourg 2017 - pdf: https://inpa.public.lu/dam-assets/fr/publications/Booklet-Inv-LAR-20170925-Int2.pdf
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2025
Impressum