Bernhard Peter
Besondere Motive: Triskele (Dreibein)

Die Triskele in der Heraldik:
Die Triskelis oder Triskele bezeichnet im allgemeinen ein Objekt mit einer dreizähligen Drehachse, mit einer C3-Symmetrie. Drei gleich geformte, in der Mitte verbundene Objekte können jeweils durch eine 120-Grad-Drehung ineinander überführt werden. Das Motiv hat also eine dreizählige Rotationssymmetrie und ist frei von einer Spiegelebene. Wird der Begriff "Triskele" in der Kunst normalerweise etwas weiter gefaßt und auch für Spiralornamente beispielsweise der keltisch inspirierten Kunst verwendet, so erinnert man sich in der Heraldik an die etymologische Herkunft des Wortes: "Triskelis" bedeutet im Griechischen "dreibeinig". Und so versteht man in der Heraldik darunter ein Motiv aus drei im Dreipaß stehenden und in der Mitte verbundenen Beinen, rundum laufend, jedes gegenüber dem vorhergehenden um 120 Grad verdreht. Die Parallelen zur keltischen Kunst und Ornamentik sollten jedoch nicht dazu verleiten, diesbezügliche symbolische Interpretationen herbeizuspekulieren. Genauso wie eine Anordnung unverbundener Objekte im Dreipaß hat dieses Motiv vermutlich einfach seine Wurzeln in der optimalen Raumausfüllung gotischer Dreieckschilde, jeweils ein Bein in jeden Winkel weisend. Das Motiv ist der Kunst vieler alter Kulturkreise eigen, schon in der mykenischen Kunst taucht es auf, auf antiken Münzen etc. Alternativ wird auch der Begriff Triquetra verwendet, ein lateinisches Wort, das einfach Dreieck bedeutet und sich auf die Anordnung bezieht. Dem Begriff Triskele oder Triskelis sollte der Vorzug gegeben werden, alternativ kann man auch von drei in der Mitte zusammenhängenden Beinen im Dreipaß sprechen. "Dreibein" wäre die wörtliche deutsche Übersetzung von Triskelis. Im Französischen würde man das Motiv als "triskeles" oder auch "triquètre" bezeichnen, oder - was man i. a. lieber tut - ausformuliert "trois jambes fléchies réunies en coeur par la hanche" oder "trois jambes posée en pairle", im Englischen "triskeles" oder "three legs flexed and conjoined in triangle". Im Italienischen wäre es "la trinacria", im Spanischen die "triqueta". Die Beine können nackt sein (z. B. Sizilien), bekleidet oder geharnischt (z. B. Rabensteiner). Der Drehsinn ist in der Regel so, daß das einzige Bein in natürlicher Stellung, das nach unten gerichtete, mit der Fußspitze nach vorne (rechts) zeigt, die anderen analog ihm folgend bzw. vorauseilend.

Triskele im Laufer Wappensaal:
Eine der ältesten Darstellungen einer Triskele in der deutschen Heraldik befindet sich im Wappensaal der Burg Lauf: Dort befindet sich in dem im 14. Jh. ausgeschmückten Gemach Karls IV. in der Mitte des südlichen Teiles der Nordwestwand in der unteren Reihe eine mit "Masczow" - Maschau bezeichnete silberne Triskele in rotem Feld. Die Herren von Maschau hatten ihre Burg nördlich der heutigen böhmischen Stadt Maštov. Die Farben sind an dieser Stelle der Wand heute weitgehend zerstört; die Triskele aber ist noch gut zu erkennen. Beim genauen Hinsehen ist die Form der Triskelis aber nicht exakt rotationssymmetrisch, die beiden oberen Beine sind im Original stärker angewinkelt als das untere, um eine bessere Raumausfüllung zu erzielen.

Maschau (Lauf, Wappensaal) Rabensteiner von Döhlau Geuder gen. Rabensteiner

Fränkische Triskelen:
In Franken führt das Ministerialengeschlecht der Rabensteiner von Döhlau ein Dreibein im Wappen: In Rot drei im Dreipaß gestellte silberne Panzerbeine, auch mit goldenen Sporen, Leisten und Buckeln dargestellt. Das Wappen wird beschrieben und abgebildet im Alten Siebmacher von 1605, dortiges Oberwappen: auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rechts silberner, links roter Flug, im Neuen Siebmacher in Band: BayA1 Seite: 172 Tafel: 177, dortiges Oberwappen: auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein rechts schwarzer, links goldener Flug. Döhlau, wo die Rabensteiner das dortige Schloß bis zu ihrem Aussterben 1643 bewohnten, ist heute eine Gemeinde in Oberfranken. Grabplatten aus dem 17. Jh. in der Kirche von Döhlau und am Schloß bezeugen das Wappen.

Eine Erinnerung an die Rabensteiner von Döhlau findet sich im heutigen Gemeindewappen von Döhlau (Landkreis Hof): Ihr Wappen ist: Unter silbernem Schildhaupt mit einem oben gezinnten schwarzen Balken, in Rot drei im Dreipaß gestellte silberne Panzerbeine, bewinkelt von drei silbernen Lilien. Die Triskele entstammt dem Wappen der Rabensteiner, der Zinnenbalken dem Wappen der Herren von Uttenhofen, die Lilien dem Wappen der Nachfolger in den Döhlauer Besitzungen nach dem Aussterben der Rabensteiner, der Herren von Pühel.

Weiterhin taucht das Rabensteiner Wappen in einem vermehrten Wappen der Geuder gen. Rabensteiner auf, die das Wappen der verschwägerten Rabensteiner nach deren Aussterben annahmen (Siebmacher Band: Bay Seite: 36 Tafel: 33, Band: Bay Seite: 79 Tafel: 90, Band: PrGfN Seite: 8 Tafel: 5): Geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein gestürztes silbernes Dreieck, an jeder Spitze mit einem silbernen Stern besteckt, Feld 2 und 3: in Rot drei im Dreipaß gestellte silberne Panzerbeine. Zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein sechseckiger Stern, je nach Quelle silbern oder silbern-blau gespalten, an den freien Ecken mit blauen und silbernen Straußenfederbüschen besetzt, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein rechts silberner, links roter Flug.

Abb.: evangelische Kirche St. Matthäus in Heroldsberg (Mittelfranken), Metallplatte über der Grabstätte der Freiherren von Geuder Rabensteiner Linie, links Feld 3, rechts Gesamtansicht. Die Beine laufen in diesem Beispiel in die andere Richtung, was aber nicht signifikant ist, denn beide Darstellungen sind nicht zwei verschiedene Wappen, und in den Quellen findet man es mal so, mal so, z. B. im alten Siebmacher von 1605 ist der Drehsinn der gleiche wie hier, im heutigen Ortswappen von Döhlau ist er entgegengesetzt.

Weitere Beispiele für die Triskelis in der Heraldik:
Stadt Füssen (Landkreis Ostallgäu): In Gold drei im Dreipaß gestellte schwarze Beine. Dieses Wappen wird seit dem 14. Jh. von der Stadt Füssen geführt. Auch wenn sich der Name vermutlich darauf bezieht, daß die Ansiedlung am Fuße der Berge liegt, ist es dennoch ein in höchstem Maße redendes Wappen. Der erste dokumentierte Siegel-Abdruck mit der Triskele stammt aus dem Jahr 1317. Nur im 19. Jh. gab es eine kurze und häßliche Diskontinuität, ein geteilter Schild, oben mit den blau-silbernen Rauten der Wittelsbacher, unten mit drei schwarzen Beinen nebeneinander in Gold, wurde 1818-1842 geführt. Glücklicherweise besann man sich nach einem knappen Vierteljahrhundert wieder des wunderschönen, rotationssymmetrischen alten Symbols und führte es wieder wie die Jahrhunderte zuvor.

Dies sind bekanntere Beispiele, doch finden sich im Siebmacher noch mehr solcher Dreibein-Anordnungen: Peffenhauser, eine Bürgerfamilie aus Ulm (Siebmacher Band: Bg3 Seite: 51 Tafel: 54): In Blau drei ins Dreieck gestellte, mit den Füßen auswärts gekehrte silberne geharnischte Beine. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender Mohr in eiserner Rüstung, in der Hand einen Stechhelm haltend, mit silbern-blauer Kopfbinde. Das Wappen findet sich in einem Stammbuchblatt für A. Peffenhauser im Jahre 1623 im Stammbuch des Lorenz Strauss.

Bei Conrad Grünenberg (Folio 355) findet sich in silbernem Feld eine rote Triskele, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem silbernen Kissen ein Pfauenstoß.

Füssen (Stadt) Isle of Man (GB) Peffenhauser

Die Inseln mit der Triskelis:
Isle of Man: In Rot drei im Dreipaß gestellte silberne Panzerbeine mit goldenen Sporen (Englischer Blason: Gules a Triskele Argent garnished and spurred Or). In der Inselsprache wird das Motiv "tre cassyn" genannt. Das uralte Symbol taucht bereits als Schmuck auf dem Knauf des Staatsschwertes der Insel aus dem 15. Jh. auf. Die Insel liegt geographisch so, daß sich daraus eine hübsche volkstümliche Interpretation des Schildbildes entwickelt hat: "Die Insel kniet auf England, tritt gegen Schottland und zeigt Irland seine Verachtung" (with one leg I spurn Ireland, with the second I kick Scotland, and with the third I kneel to England) - was natürlich nichts mit der tatsächlichen Herkunft des Motivs zu tun haben dürfte und eine nachträglich entstandene und politisch motivierte Wappeninterpretation ist. "Quocumque jeceris stabit" ist der Wahlspruch der Insel, wohin man es wirft, steht es, eine klare Anspielung auf das Dreibein, das immer auf den Füßen landen wird. Prunkstücke des heutigen, seit 1996 so definierten Staatswappens: "An Imperial Crown proper; Supporters: Dexter a Peregrine Falcon and sinister a Raven both proper".

Und da wäre noch das alte Symbol für Sizilien, in Gold drei fleischfarbene Beine, in der Mitte überdeckt von einem Kopf. Dieses Wappen ist z. B. Bestandteil des Wappens von Joseph Bonaparte (1768-1844), Bruder Napoleons, 1806–1808 König von Neapel, späterer König von Spanien 1808–1813: Halbgespalten und geteilt, 1: in Blau zwei schräggekreuzte goldene Füllhörner (Labour), 2: in Blau ein goldener Delphin (Otranto), 3: in Gold eine fleischfarbene Triskelis, in der Mitte überdeckt von einem Kopf (Sizilien), gekrönter Herzschild: in Blau der goldene napoleonische Adler; ebenso zu finden im Wappen von Joachim Murat (1767-1815), Schwager Napoleons, 1806 bis 1808 Großherzog von Berg, späterer König von Neapel 1808 bis 1815: Gespalten, rechts in Gold ein einwärts aufspringendes Pferd (Königreich Neapel), links in Gold eine fleischfarbene Triskelis, in der Mitte überdeckt von einem Kopf (Sizilien), Herzschild: in Blau der goldene napoleonische Adler, und die selben Felder finden sich auch wieder in seinem großen königlichen Wappen. Das alte Symbol wurde im napoleonischen System wiederbelebt. Diese Triskele mit dem Kopf in der Mitte (sog. Trinacria) findet sich auch in Wappen und Flagge der Autonomen Region Sizilien wieder.

Eine ganze Wappengruppe mit der Triskelis:
Und wir finden eine zusammenhängende Gruppe von Wappen, deren erster Vertreter die Potrykowski sind (Siebmacher Band: Pr Seite: 305 Tafel: 359): In Rot drei silberne, geharnischte und bespornte Beine ins Schächerkreuz gestellt. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken drei Straußenfedern, eine rote zwischen zwei silbernen. Das Wappen gehört zum polnischen Wappenstamm Drogomir (Siebmacher Band: Gal Seite: 6 Tafel: 4), zu dem auch eine Familie Sadowski (Siebmacher Band: Gal Seite: 203 Tafel: 247) gehört, eine Adelsfamilie der Wojwodschaft Krakau. Für sie werden als Helmzier drei silberne Straußenfedern beschrieben. Weitere zu diesem Herb gehörende Familien sind die Kikol oder Kikul (Siebmacher Band: PrA Seite: 33 Tafel: 25, dort mit einer Rose im Zentrum beschrieben), die Grosicki, die Kulikowski, die Latoslawski, die Niesten, die Ramotowski (Siebmacher Band: Pr Seite: 331 Tafel: 384).

Eine Triskelis im Wappen Rauchfuß:
Die Niederburg Kranichfeld kam 1906 an Johanne Rauchfuß. Sie ließ die alte Burg sanieren und im Stile des Historismus umbauen und gab der Burg ihr heutiges Erscheinungsbild. Die Inschrift unter dem Wappen am Tor zur Anlage (Abb. unten) lautet: "Niederburg Kranichfeld. Erbaut im elften Jahrhundert, verfallen im 19 Jahrhundert. Wiederhergestellt 1907 von Johanne Rauchfuss." Das nicht in den Standardsammlungen verzeichnete Wappen Rauchfuß zeigt eine Triskele, drei (2:1) dreipaßartig miteinander verbundene, gestreckte Beine in hohen Schaftstiefeln mit Stulp, alle Füße im Uhrzeigersinn gestellt, um das Fußgelenk jeweils Reitersporen geschnallt. Hier sind die Beine im Gegensatz zu obigen Beispielen durchgestreckt.

 

Ein weiteres Mal ist das Wappen Rauchfuß an Schloß Tonndorf über dem Eingangsportal zum Vorhof des Schlosses zu sehen, das 1894 in den Besitz des königlich-preußischen Hauptmanns Hermann Rauchfuß aus Metz überging und wo die Familie Rauchfuß bis 1919 wohnte.

Literatur, Quellen und Links:
Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Von Apfelkreuz bis Zwillingsbalken. Battenberg-Verlag, 2. Auflage 2006, ISBN: 3-86646-010-4, S. 160-161.
Siebmachers Wappenbücher
Wappenbilderordnung, Symbolorum armoralium ordo, hrsg. vom HEROLD, bearbeitet von Jürgen Arndt und Werner Seeger, Skizzen von Lothar Müller-Westphal, Verlag Degener, 2. Auflage 1996, Band 1 und 2
Stadt Füssen:
http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9777129
H. B. Wiggers, zur Geschichte und Deutung des Dreibeins, in: Festgabe Peter Berghaus zum 50. Geburtstag, Münster 1969
Isle of Man:
http://www.isle-of-man.com/manxnotebook/history/legs.htm
Isel of Man:
http://www.ngw.nl/int/gbr/m/man.htm
Ales Zelenka: Der Wappenfries aus dem Wappensaal zu Lauf, Verlag Passavia, ISBN 3-8616-052-9, 1976.
Rabensteiner von Döhlau: Dr. Frhr. von Dobeneck, Zur Geschichte des erloschenen Geschlechtes der Rabensteiner von Doehlau. In: Archiv für die Geschichte von Oberfranken. Bayreuth 1914.
Döhlau:
http://www.hdbg.de/gemeinden2/bayerns-gemeinden_detail.php?gkz=9475120
Joseph Bonaparte und Joachim Murat:
http://www.heraldique-europeenne.org/Regions/Italie/Deux_Siciles.htm
Schloß Tonndorf: http://www.schloss-tonndorf.de/das-projekt/das-projekt/die-geschichte.html
Geschichte der Stadt Kranichfeld:
http://www.kranichfeld.de/seite/205952/geschichte.html
Chronologie Kranichfeld:
http://www.kranichfeld.de/seite/222811/zeitlicher-abriss.html
Niederburg Kranichfeld:
http://www.falkenhof-kranichfeld.de/niederburg.html

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