Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3192
Kastellaun (Rhein-Hunsrück-Kreis)

ev. Pfarrkirche Kastellaun: Junker Simon von Sponheim

Dieses 2,34 m hohe und 1,00 m breite, leicht verwitterte Epitaph aus Sandstein ist an der Südwestseite des Innenraumes zu finden, gleich am Beginn des Chorraumes noch vor dem Altar rechterhand, rechts neben dem zeitlich ähnlichen Doppelepitaph. Die fragmentarisch erhaltene und in gotischen Majuskeln ausgeführte, heute kaum noch entzifferbare Inschrift beginnt auf der oberen Leiste und liegt teilweise unter Putz; sie läßt sich anhand früherer Aufzeichnungen von Zillesius zu "(...... / VIR DOMICELLVS) SYMON  DE (SPANHEIM CVIVS) A(N)I(M)A REQVIESCAT IN PACE AMEN" ergänzen, (im Jahre .... am ... starb der) Mann, der Junker Simon von Sponheim, möge seine Seele in Frieden ruhen Amen. Die untere Leiste, die heute durch den neuen Fußboden verdeckt wird, trägt keine Schrift. Ursprünglich handelt es sich um eine Tumbendeckplatte, die zu unbekanntem Zeitpunkt nach Abbau der Tumba hier senkrecht aufgestellt wurde. Daß es sich ursprünglich um eine Liegefigur gehandelt hat, erkennt man daran, daß der Kopf auf einem mit Quasten geschmückten Kissen ruht. Die Füße ruhen auf einer nicht zu identifizierenden Tierdarstellung. Das gestalterische Konzept ist ein Rahmen aus einer Kielbogenarkade mit Krabben und Kreuzblume und mit zwei seitlichen, übereck gestellten Fialen. Der Verstorbene wird innerhalb dieser Nische in Frontalansicht mit zum Gebet zusammengelegten Händen dargestellt. Er trägt eine für das erste Drittel des 14. Jh. moderne, im Vergleich zu der seines Vaters erheblich weiterentwickelte und neu körperbetonte Rüstung mit einer offenen Beckenhaube und daran befestigtem Halsschutz aus Kettengeflecht, mit Brünne und mit einem geknöpften Lendner mit extrem tief auf der Hüfte sitzendem Gürtel. Bewaffnet ist er mit Schwert links und Dolch rechts.

 

Es gibt nur ein einziges Wappen auf der Platte; der Schild im linken oberen Platz zwischen Fiale und Kreuzblume trägt das blau-goldene Schach der Grafen von Sponheim; der Helm ist auf der anderen Seite angebracht und überschneidet den Kielbogen. Auf dem gekrönten Helm wird zu blau-goldenen Decken ein naturfarbener Pfauenstoß (Pfauenfederbusch) geführt.

Simon von Sponheim wird nur ein einziges Mal urkundlich erwähnt, im Jahr 1321. Wir kennen weder sein Geburts- noch sein Todesdatum. Er muß jedenfalls vor 1337 gestorben sein, weil die Grabplatte große gestalterische Ähnlichkeiten mit derjenigen seiner Eltern hat (Anbringung von Wappen und Helm, Schrift, derbe Gesichtszüge) und wahrscheinlich in einem Atemzug mit dieser angefertigt worden ist, vielleicht als Beginn einer geplanten Familiengrablege. Sein Todesdatum können wir sogar noch vor 1329 ansetzen, weil in jenem Jahr Walram erstmals zusammen mit dem Vater urkundet, und Walram war der jüngere von den beiden Söhnen, wurde aber nach dem Tod des gemeinsamen Vaters Graf der Vordergrafschaft 1336-1380. Wäre Simon, der den traditionellen Namen des Erstgeborenen trägt, 1329 noch am Leben gewesen, wäre es sein Anrecht gewesen, also muß er schon damals nicht mehr unter den Lebenden geweilt haben. Simon von Sponheim muß als Jugendlicher gestorben sein, denn die Inschrift bezeichnet ihn als "VIR DOMICELLUS", was darauf hin deutet, daß er noch Edelknappe und noch nicht Ritter war.

 

Der Überblick über die Genealogie zeigt, daß Simon von Sponheim-Kreuznach zur Linie der Vordergrafschaft gehörte und daß er das blau-goldene Schach als Wappen geführt hat, wie es in einem Glasfenster auch in Farbe zu sehen ist (Abb. oben, ohne Zuordnung zu einer bestimmten Person). Kastellaun war wie auch Kreuznach, Kirchberg und Gemünden ein wichtiger Ort der Vorderen Grafschaft, und die Zugehörigkeit zu einer der beiden Linien ist für die Wahl der Tinkturen wichtig. Die Definition, was die Vordergrafschaft und was die Hintergrafschaft war, ist heute schwer nachzuvollziehen, damals entstanden die Bezeichnungen aus Sicht von Mainz aus. Und von dem Kulturzentrum Mainz aus gesehen lagen Kreuznach und Kirchberg näher als Traben-Trarbach, Enkirch, Herrstein und Birkenfeld, und so nannte man das erste, größere Gebiet eben Vordergrafschaft und die entlegeneren Territorien Hintergrafschaft. Nur Sponheim selbst und Dill blieben ungeteilt und wurden bis 1417 von beiden Linien gemeinsam verwaltet.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@50.0726961,7.4390894,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@50.0726596,7.4389983,108m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Evangelische Kirchengemeinde Kastellaun
https://www.ekgkastellaun.de/
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Kirche mit freundlicher Erlaubnis des Presbyteriums der Kirchengemeinde vom 4.7.2025, wofür ihm und Herrn Pfarrer Knut Ebersbach an dieser Stelle herzlich gedankt sei
Grafschaft Sponheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Sponheim
Liste der Grafen von Sponheim auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Grafen_zu_Sponheim
Die Inschriften der evangelischen Pfarrkirche in Kastellaun, bearbeitet von Susanne Kern, Inschriften Mittelrhein-Hunsrück, Heft 11, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V., Mainz 2008, Nr. 6
Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II (ehem. Lkrs. Simmern und westlicher Teil des ehem. Lkrs. St. Goar), Bd. 79 der Reihe "Die Deutschen Inschriften", gesammelt und bearbeitet von Eberhard J. Nikitsch, Wiesbaden 2010, ISBN: 9783895006678, Nr. 11
Deutsche Inschriften Bd. 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 11 (Eberhard J. Nikitsch), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0001100 - https://www.inschriften.net/rhein-hunsrueck-kreis-ii/inschrift/nr/di079-0011.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=fe7d584f8b052c07bccf568d346f4a95

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