Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3193
Kastellaun
(Rhein-Hunsrück-Kreis)
ev. Pfarrkirche Kastellaun: Graf Simon II. von Sponheim
Dieses Epitaph für zwei Personen ist an der Südwestseite des Innenraumes zu finden, am geraden Wandstück des Chorraumes etwa in Höhe des Altars rechterhand, links neben dem zeitlich ähnlichen Einzelepitaph. Beide gehören nicht nur stilistisch zusammen und sind etwa zur selben Zeit und vermutlich auch vom selben Künstler erschaffen worden, sondern beide bilden auch familiär eine Einheit, denn dieses Epitaph hier ist für die Eltern, dasjenige rechts daneben für einen Sohn aus dieser Verbindung. Beide Grabdenkmäler sind wohl gemeinsam in Auftrag gegeben worden, vermutlich vom überlebenden Sohn, und beide sollten den Beginn einer eigenen Grablege in dieser Kirche bilden. Zuvor hatten die Grafen von Sponheim der Kreuznacher Linie ihre Familienmitglieder im Augustiner-Chorherrenstift Pfaffen-Schwabenheim bestattet. Doch die in Kastellaun sitzende Linie wollte offensichtlich die von ihr errichtete Kirche unterhalb der Burg dadurch aufwerten, daß sie ihre Grablege hierher verlegte. Der Plan war nur von kurzer Dauer, denn jener überlebende Sohn, der diese Denkmäler vermutlich hat errichten lassen, gab nach nur wenigen Jahren Kastellaun als Residenz wieder auf, nachdem sein in Bad Kreuznach regierender Onkel Johann II. 1340 verstorben war, und verlegte seinen Regierungssitz nach der Wiedervereinigung der Vordergrafschaft nach Kreuznach. Damit war auch die Idee der Grablege ad acta gelegt, und man bestattete wieder in Pfaffen-Schwabenheim.
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Die 2,31 m hohe und 1,35 m breite, leicht verwitterte Sandsteinplatte bildete ursprünglich die Deckplatte einer Tumba. Nachdem dieses Hochgrab zu unbekanntem Zeitpunkt abgebaut wurde, stellte man die Platte senkrecht an der Wand auf. Daß es einst eine Tumbendeckplatte war, sieht man daran, daß die Köpfe der Personen auf bequasteten Kissen ruhen. Das gotische Gestaltungsschema basiert auf einer doppelten Kielbogenarkade mit Krabben und Kreuzblumen als Abschluß, an den beiden Außenseiten zwei übereck gestellte Fialen. In der Mitte gibt es eine gleichartige, um 45 Grad gedreht gestellte Stütze für die Kielbögen, dort wächst aber keine Mittelfiale empor, weil diese mit der dortigen Helmdarstellung kollidieren würde. Die in gotischen Majuskeln ausgeführte Inschrift ist sehr schwer zu lesen, begann einmal über dem Kopf des Ehemannes und erstreckt sich über die Fialen und die freien Zonen daneben. Sie läßt sich nach der Überlieferung durch Zillesius zu "(ANNO DOMINI).... / OBIIT NOBIL(IS) ... (SY)MO(N) COME(S) DE SPAYNHEIM // ET D(OMI)NA LYSA DE VALKYNBVR(G) (C)OMITISSA // QVOR(VM) / ANIM(A)E / REQVI/ESCANT / IN PACE // AMEN" rekonstruieren, das bedeutet: (Im Jahr .... am .... ) starb der Edelmann Simon, Graf von Sponheim, und Frau Gräfin Lisa von Valkenburg, deren Seelen in Frieden ruhen mögen, Amen.
Das kurz nach 1337 entstandene Grabdenkmal erinnert an den um 1270 geborenen Grafen Simon II. von Sponheim-Kreuznach (-1336), Sohn von Johann I. Graf von Sponheim-Kreuznach (-28.1.1290) und Adelheid von Leiningen-Landeck, der 1290-1336 Graf der Vordergrafschaft war, und an seine Frau, Elisabeth (Lisa) von Heinsberg und Valkenburg-Monschau. Die beiden Verstorbenen werden in den beiden Nischen der Rahmenarchitektur dargestellt; beide blicken den Betrachter mit zum Gebet zusammengelegten Händen frontal an. Graf Simon trägt einen kurzen, vorne geknöpften Waffenrock mit Gürtel und offenes gewelltes Haar und Vollbart. Sein abgelegter Helm ist identisch mit dem heraldischen Helm oben in der Mitte. Er ist mit Dolch rechts und Schwert links bewaffnet. Zu Füßen des Ritters befindet sich ein Tier; dessen Identität wegen des erhöhten Fußbodens nicht mehr feststellbar ist. Gräfin Lisa trägt ein eng anliegendes Unterkleid mit geradem Dekolleté und einen über den Kopf gezogenen, fülligen und an den Seiten in vielen Bögen von den Armen herabfallenden Mantel.
Graf Simon II. übernahm die Herrschaft in der Vordergrafschaft nach dem Tod seines Vaters zunächst gemeinsam mit dem Bruder Johann II. Das ging 11 Jahre lang mehr oder weniger gut, dann vereinbarten die Brüder eine Teilung, Simon II. in Kastellaun, Johann II. in Kreuznach. Auf Simon II. geht der Ausbau von Kastellaun zur Residenz zurück, er baute die 1248 erstmals erwähnte Burg aus, er sorgte dafür, daß dem Ort Kastellaun 1305 die Stadtrechte verliehen wurden, und er ließ die Kirche unterhalb der Burg errichten. Auch sein Sohn Walram setzte hier in Kastellaun bis 1340 die Regierung fort, dann konnte er die Vordergrafschaft nach dem Tod seines Onkels Johann II. wieder vereinen, gab Kastellaun als Residenz auf und zog selber nach Kreuznach.
Interessant ist hier, daß nur ein Datum vorgesehen ist und die Ehefrau mit "et" angeschlossen wird, daraus können wir schließen, daß beide im gleichen Jahr verstorben sind. Und vermutlich war nur das Jahr angegeben, denn beide dürften wohl kaum am selben tag gestorben sein. Das Jahr selber ist nicht mehr zu rekonstruieren. Doch wann war das genau? Graf Simon II. ist letztmals am 13.3.1336 belegt, das ist die Untergrenze. Gräfin Lisa ist zuletzt am 1.9.1335 belegt. Die Obergrenze ergibt sich mit dem 25.3.1337, denn an jenem Tag wird Sohn Walram in einer Urkunde bereits als Graf bezeichnet. Weil der Großteil dieses Zeitraums mit 3/4 in das Jahr 1336 fällt, wird dieses Jahr allgemein als Todesjahr angegeben, obwohl es genauer 1336 oder 1337 sein müßte. Natürlich gäbe es auch theoretisch die Möglichkeit, daß das Grabdenkmal bereits zu Lebzeiten in Auftrag gegeben wurde, unter Nachtrag der Inschriften, wahrscheinlicher ist jedoch, daß Sohn Walram dasjenige für seine Eltern und seinen Bruder ca. 1337 gemeinsam in Auftrag gegeben hat.
Für den Ehemann gibt es ein vollständiges Wappen mit Schild und Oberwappen, die aber voneinander getrennt dargestellt werden, der Schild im linken oberen Platz zwischen Fiale und Kreuzblume trägt das blau-goldene Schach der Grafen von Sponheim; der Helm ist auf der anderen Seite angebracht und überschneidet den Kielbogen. Auf dem gekrönten Helm wird zu blau-goldenen Decken ein naturfarbener Pfauenstoß (Pfauenfederbusch) geführt. Die Ehefrau, Elisabeth von Heinsberg und Valkenburg, hat hingegen nur einen Schild mit dem silbernen doppelschwänzigen Löwen im roten Feld der Herren von Heinsberg. Elisabeth war die Tochter von Walram Herr von Heinsberg und Valkenburg (1252-1302) und Philippa von Geldern; ihre Großeltern väterlicherseits waren Dietrich II. Herr von Heinsberg und Valkenburg (-1268) und Bertha Gräfin von Limburg-Monschau (-1254), und die weiteren Vorfahren waren Grafen von Cleve. Das genannte Valkenburg liegt östlich von Maastricht im südlichen Teil der niederländischen Provinz Limburg. Im Jahre 1118 kam Valkenburg auf dem Erbwege zur Herrschaft Heinsberg. 1356 erlosch deren Linie von Heinsberg-Valkenburg, und die Herrschaft von Valkenburg kam an die Herzöge von Jülich und wurde 1357 in den Status einer Grafschaft erhoben. Zur Unterscheidung wichtig ist, daß in Valkenburg noch die Heinsberger aus dem Hause Cleve herrschten, die zweiten Herren von Heinsberg, während in Heinsberg selbst schon die Heinsberger aus dem Hause Sponheim herrschten, die dritten Herren von Heinsberg. Den Heinsberger Löwen machten sie sich alle zu eigen, die Herren von Heinsberg aus dem Hause Sponheim im vermehrten Wappen, das wir z. B. in Saarbrücken in der ehem. Stiftskirche St. Arnual oder in der Stephanskirche Simmern sehen können.
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Der Überblick über die Genealogie zeigt, daß Graf Simon II. von Sponheim-Kreuznach zur Linie der Vordergrafschaft gehörte und daß er das blau-goldene Schach als Wappen geführt hat. Kastellaun als Herrschaftssitz gehörte zur Vordergrafschaft, und die Zugehörigkeit zu einer der beiden Linien ist für die Wahl der Tinkturen wichtig.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@50.0726961,7.4390894,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@50.0726596,7.4389983,108m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Evangelische Kirchengemeinde Kastellaun https://www.ekgkastellaun.de/
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Kirche mit
freundlicher Erlaubnis des Presbyteriums der Kirchengemeinde vom
4.7.2025, wofür ihm und Herrn Pfarrer Knut Ebersbach an dieser
Stelle herzlich gedankt sei
Grafschaft Sponheim auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Sponheim
Liste der Grafen von Sponheim auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Grafen_zu_Sponheim
Die Inschriften der evangelischen Pfarrkirche in Kastellaun,
bearbeitet von Susanne Kern, Inschriften Mittelrhein-Hunsrück,
Heft 11, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften und der
Literatur, Mainz, und dem Institut für Geschichtliche
Landeskunde an der Universität Mainz e.V., Mainz 2008, Nr. 7
Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II (ehem. Lkrs.
Simmern und westlicher Teil des ehem. Lkrs. St. Goar), Bd. 79 der
Reihe "Die Deutschen Inschriften", gesammelt und
bearbeitet von Eberhard J. Nikitsch, Wiesbaden 2010, ISBN:
9783895006678, Nr. 10
Deutsche Inschriften Bd. 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 10
(Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0001001 - https://www.inschriften.net/rhein-hunsrueck-kreis-ii/inschrift/nr/di079-0010.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=af92e209319c9e7fe3113a03116c90fd
ev. Pfarrkirche Kastellaun: Junker Simon von Sponheim - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Karl Beusser von Ingelheim - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Gabriel Eschenfelder - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Christoph Viel und Angehörige - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Franz Römer - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Barbara Koppensteiner - ev. Pfarrkirche Kastellaun: Jeremias Heiderich Orth
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