Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3178
Simmern (Rhein-Hunsrück-Kreis)
Stephanskirche: Orgelempore, Konsolen und Totenschild
In der Stephanskirche in Simmern finden wir zahlreiche heraldische Zeugnisse der herzoglichen Linie Pfalz-Simmern, sowohl an der Architektur der Kirche selbst als auch an herausragenden Grabdenkmälern in der zur herzoglichen Grabkapelle umgewandelten ehemaligen Annenkapelle. Alle zusammen zeugen von der kurzen kulturellen Blüte der kleinen Residenzstadt Simmern unter dieser Pfälzer Linie. An der hinteren Orgelempore gibt es außen an der Brüstung zwei spätgotische Wappenpaare, die durch ein Feld mit Blendmaßwerk voneinander getrennt sind und von zwei weiteren Blendmaßwerkfeldern beseitet werden. In beiden Feldern sehen wir einen Engel mit weit ausgestellten goldenen Flügeln als Schildhalter, der mit beiden Händen die unten aufgestützten, spiegelbildlich asymmetrischen Schilde hält. Beide Schilde sind jeweils einander zugewandt, was zu einer vollständigen Spiegelung des jeweils heraldisch rechten Schildes führt. Die vier Schilde lassen sich von optisch links nach rechts wie folgt zuordnen: Pfalz - Sponheim - Nassau-Saarbrücken - Heinsberg-Loen. Es gibt für das erste Wappenpaar keine passende Eheverbindung, eigentlich gibt es überhaupt nur eine Eheverbindung zwischen beiden Familien, aber räumlich und zeitlich weit weg. Nur für das zweite Wappenpaar gibt es eine eheliche Verbindung zwischen den repräsentierten Familien. Daraus folgt, daß das hier insgesamt ein Ehewappen ist, daß hier der Ehemann sein eigenes Wappen auf zwei Schilde verteilt und als Pfalzgraf seinen besonderen Anspruch auf Sponheim noch einmal separat zur Geltung bringt, und daß für die Ehefrau eine Kombination aus ihren beiden elterlichen Wappen genommen wird.
Es handelt sich bei dem Bauherren-Ehepaar um (1) Johann I. Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern Herzog von Bayern (15.5.1459-27.1.1509), der erst eine kirchliche Karriere machte, 1466 Domherr zu Köln und 1470-1478 Domherr zu Trier war, sich aus familiären Gründen zur Resignation entschloß und 1480 Pfalzgraf zu Sponheim und Simmern wurde, und seine Ehefrau, (2) Johanna Gräfin von Nassau (14.4.1464-7.5.1521). Johann I. ist der Bauherr des Langhauses, das 1486 begonnen wurde und bei seinem Tod abgeschlossen gewesen sein dürfte. Der Ausbau der Stephanskirche steht im Zusammenhang mit dem Ausbau Simmerns zur Residenzstadt, in dessen Zuge nacheinander Schloß, Rathaus und Kirche entstanden.
Die Eltern des Ehemannes waren (1) Friedrich I. Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern Herzog von Bayern (1417-29.11.1480) und (3) Margareta von Geldern (1436-2.11.1486), und die Eltern der Ehefrau waren (2) Johann III. Graf von Nassau-Saarbrücken (4.4.1423-25.7.1472) und (4) Johanna von Heinsberg-Loen (29.6.1443-1469). Blicken wir noch eine Generation weiter zurück, auch wenn das jetzt für diese vier Wappenschilde keine Rolle mehr spielt: Die Großeltern des Ehemannes waren (1) Stefan Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern und Zweibrücken Herzog von Bayern (23.6.1385-1459) und (5) Anna Gräfin von Veldenz (1390-1439) sowie (3) Arnold von Egmond Herzog von Geldern (1410-24.2.1473) und seine Frau (7) Katharina von Cleve (25.5.1417-). Und die Großeltern der Ehefrau waren (2) Philipp I. Graf von Nassau-Weilburg (1368-2.7.1429) und (6) Elisabeth von Lothringen (-17.1.1456) sowie (4) Johann IV. von Loen und Heinsberg (-27.1.1448) und (8) Johanna von Diest (-8.4.1442). Bei dieser Genealogie gibt es eine direkte Verbindung zu mehreren Epitaphien in der Stiftskirche St. Arnual in Saarbrücken, wo der Vater und die Großmutter väterlicherseits der Ehefrau mit exzellenten Tumben vertreten sind.
Beginnen wir optisch ganz links mit dem vollständig gewendeten pfalzgräflichen Wappen, das ist geviert, Feld 1 und 4: Pfalz, in Schwarz ein goldener, rot bewehrter und eigentlich ebenso gekrönter Löwe, Feld 2 und 3: Wittelsbach-Bayern, silbern-blau schräggerautet. Daneben ist das Wappen der Grafschaft Sponheim dargestellt, hier blau-golden geschacht für die Vordere Grafschaft Sponheim.
Beim zweiten Wappenpaar ist optisch links das vollständig gewendete Wappen der Grafen von Nassau-Saarbrücken dargestellt, wobei die Kreuzchen und Schindeln durcheinander gekommen sind: Die Farben sind übereck verteilt, die Formen aber auch, hier sehen wir aber oben 2x Schindeln und unten 2x Steckkreuzchen, was falsch ist. Im Detail muß dieses Wappen geviert sein, Feld 1 und 4: Grafschaft Nassau, in blauem und mit goldenen aufrechten Schindeln bestreuten Feld ein goldener Löwe, rot gezungt, rot bewehrt und eigentlich ebenso gekrönt, Feld 2 und 3: Grafschaft Saarbrücken, in blauem, mit silbernen, fußgespitzten und widergekreuzten Kreuzchen (Steckkreuzchen) bestreutem Feld ein silberner, eigentlich noch rot gekrönter Löwe, wobei hier mehrere Details weggelassen wurden.
Das letzte verbleibende Wappen ist das der Grafschaft Heinsberg-Loen, geviert mit Herzschild, in korrekter, hier leicht abweichender Tingierung Feld 1: Grafschaft Loon (Loen, Looz), zu 10 Plätzen von Gold und Rot geteilt, Feld 2: von Heinsberg, in Rot ein silberner, gekrönter, doppelschwänziger Löwe, Feld 3: Grafschaft Sponheim, rot-silbern geschacht (nicht blau-golden wie hier), Feld 4: Herrschaft Diest, in Gold zwei schwarze Balken (nicht wie hier invers), Herzschild: Herzogtum Jülich, in Gold ein schwarzer Löwe. Eigentlich müßte Feld 1 noch gespalten sein, rechts die Grafschaft Loon, links die Grafschaft Chiny, was aber anhand des Reliefs historisch nicht vorgegeben ist und auch beim betreffenden Epitaph in St. Arnual in Saarbrücken so gehandhabt wird. Es sei noch einmal erwähnt, daß dieses Wappen dasjenige der Mutter der Ehefrau des Bauherrn ist, nicht ihr eigenes.
Woher kommen die Elemente in dem Schild der Schwiegermutter des Bauherrn? Warum taucht hier auch noch einmal Sponheim auf? Zu Feld 2 und 3: Im Hause der Grafen von Sponheim gab es vor 1237 eine größere und grundlegende Erbteilung: Johann I, von Sponheim erhielt die Hintere Grafschaft mit dem rot-silbern geschachten Wappen; der Besitz lag im Mosel- und Nahegebiet und im Hunsrück, und dazu gehörte die Starkenburg bei Enkirch. Und sein Bruder Simon I. von Sponheim bekam die Vordere Grafschaft Sponheim mit dem blau-golden geschachten Wappen; der Besitz lag an der Nahe, und dazu gehörte die Kauzenburg oberhalb von Bad Kreuznach. Diese beiden Erbteile kamen dann über die Grafen von Veldenz an die Pfalz, wie an anderer Stelle erläutert wird. Ein dritter Bruder, Heinrich I. von Sponheim (gest. ca. 1258), ebenfalls ein Sohn von Gottfried III. von Sponheim (-1218) und dessen Ehefrau Adelheid von Sayn, wurde 1247 Herr von Heinsberg, weil er Agnes von Kleve-Heinsberg geheiratet hatte, die Erbin von Kleve-Heinsberg. Die Herrschaft Heinsberg lag nordwestlich von Jülich und umfaßte neben der Stadt und Burg Heinsberg Gebiete an den Flüssen Rur und Wurm. Von der Mutter aus dem Hause Sayn erbte Heinrich zahlreiche Herrschaften, dadurch wurde er Herr zu Freusburg, zu Löwenberg, zu Saffenberg, zu Hülchrath und zu Blankenburg. Und über die Ehefrau bekam er Heinsberg. Weil diese Herren von Heinsberg sich aus dem Haus Sponheim ableiten, ist das Sponheimer Schach hier ebenfalls als Komponente erhalten. Heinrichs Sohn Johann I. von Heinsberg nahm 1269 nach einer seiner Herrschaften den Namen "von Löwenburg" an, mit dem Heinsberger Erbe kam alles über diese besagte Schwiegermutter des hiesigen Bauherrn an Graf Johann III. von Nassau-Saarbrücken, der 1455 die Regierung in den Loonschen und Heinsbergischen Landen übernahm nach dem Tod des Vaters von Johanna, also seines zukünftigen Schwiegervaters, denn das war zeitlich noch vor der Heirat. Die beiden zukünftigen Ehepartner kannten sich schon lange, und seit 1450 bestand eine Verlobung. Johanna war übrigens die Nichte der Ehefrau von Johanns Bruder Philipp. Die Heirat konnte erst mit dem Erreichen des Mündigkeitsalters 1456 erfolgen. So treffen beim Bauherrenpaar zwei ganz verschiedene Sponheimer Spuren wieder aufeinander.
Zu Feld 1: Das Feld für Loon kam folgendermaßen in das Wappen: Die Grafschaft Chiny wurde im 13. Jh. mit der Grafschaft Loon (im Gebiet der heutigen Provinz Limburg in Belgien, Hasselt war einer der Hauptorte) vereinigt, als Graf Arnold III. de Loon, Sohn von Gerhard III. von Loon-Rieneck, die Erbtochter Jeanne (Johanna) de Chiny (gest. ca. 1271) ehelichte. 1336 starb das Haus Loon mit Ludwig V. Graf von Rieneck, Loon und Chiny aus. Erbe war der Neffe des letzten Grafen von Loon, Thierry (Dietrich) von Heinsberg (gest. 1361), denn Ludwigs Schwester Mathilde von Loon hatte Gottfried I. Herr von Heinsberg und Blankenberg geheiratet, und deren Sohn war Dietrich II. Herr von Heinsberg und Blankenberg Graf von Loon und Chiny (gest. 1361). So kam die Wappenvereinigung Heinsberg und Chiny-Loon zustande, die in der Folge beibehalten wurde, auch als Heinsberg an die Sponheimer Linie ging. Tatsächlich war es aber nur ein Anspruch der Heinsberger, denn das Bistum Lüttich betrachtete die Grafschaft Loon nach dem Erlöschen des Grafenhauses im Mannesstamm als heimgefallenes Lehen und erkannte die weibliche Erbfolge nicht an. Die Heinsberger versuchten alles, um die Grafschaft behalten zu können, doch letztendlich erfolglos. Aber wir vermissen in diesem Wappen hier in Simmern das Feld für die Grafschaft Chiny, standardmäßige Komponente in den Wappen der Heinsberger. Das sind in rotem, mit goldenen Steckkreuzchen bestreutem Feld zwei goldene, voneinander abgekehrte Barben. Hier wurden sie weggelassen, vielleicht in gewisser Einsicht, daß der Anspruch hoffnungslos war. Ein vollständiges Wappen, wie es sein könnte und sollte, wird z. B. im Berliner Wappenbuch abgebildet: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: gespalten, rechts: siebenmal von Gold und Rot geteilt (Grafschaft Loon), links: in rotem, mit goldenen Steckkreuzchen bestreutem Feld zwei goldene, voneinander abgekehrte Barben (Grafschaft Chiny), Feld 2 und 3: in Rot ein silberner, doppelschwänziger Löwe (Herrschaft Heinsberg), Herzschild: silbern-rot geschacht (Grafschaft Sponheim). Auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken zwei silberne Eselsohren.
Nun zum Herzschild: Der schwarze Löwe in Gold steht für das Herzogtum Jülich (Juliers). Godefroy von Heinsberg, Neffe von Dietrich II. Herr von Heinsberg und Blankenberg Graf von Loon und Chiny, heiratete Philippa von Jülich (gest. 24.8.1390). Sein Sohn Johann II. war neben Adolf VII. von Berg einer der möglichen Erben, als Herzog Rainald I. von Jülich ohne Erben blieb. 1420 wurde ein Vertrag geschlossen, nach dem Adolf 3/4 und Johann 1/4 erben sollte, die sogenannte Jülicher Quart. 1423 trat der Erbfall in Jülich ein, und Johann II. von Loon-Heinsberg wurde Herr zu Jülich, wenn auch nur von einem Viertel, und setzte den Jülicher Löwen als Herzschild seinem Wappen auf. Nach unendlich komplizierten Verwicklungen fiel das Jülicher Viertel 1468 zurück von Heinsberg an Jülich. Johann II. gen. der Streitbare war der Urgroßvater der hier relevanten Johanna von Heinsberg-Loen also der Schwiegermutter des Bauherrn der Simmerner Stephanskirche.
Zu Feld 4: Die Herren von Diest sind ein Adelsgeschlecht aus Brabant mit Stammsitz im Ort Diest in Flämisch-Brabant. Von Thomas I. von Diest stammt Heinrich von Diest ab, der 1363 von Herzogin Margarethe von Burgund die Burggrafschaft Antwerpen zu Lehen bekam. Dessen Sohn Thomas II. von Diest erwarb Stadt und Herrschaft Sichem in Flämisch-Brabant. Weil sein Sohn Johann d. J. von Diest jung starb, ging das Erbe der Familie an dessen Schwester Johanna von Diest (-8.4.1472), die Johann IV. von Heinsberg (-27.1.1448) geheiratet hatte. So kamen die Burggrafschaft Antwerpen sowie die Herrschaften Diest und Sichem (Zichem) an die von Heinsberg. Aus der genannten Ehe entsproß Johanna von Loon-Heinsberg, die die genannten Titel und Herrschaften an ihren Ehemann Johann von Nassau-Saarbrücken brachte, und auch die darauf lastenden Schulden. Des Bauherrn Schwiegervater, Graf Johann III., wurde am 20.12.1456 durch den Herzog von Brabant mit den Diestischen Landen belehnt. Die Herren von Diest führten in Gold zwei schwarze Balken, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein wie der Schild bezeichneter Flug.
Der Bauherr der Stephanskirche, Johann I. Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern Herzog von Bayern (15.5.1459-27.1.1509), ließ hier das Wappen seiner Schwiegermutter so ausführlich darstellen, vermutlich nicht nur aus ästhetischen Gründen, damit hier auch symmetrisch zwei Schilde erscheinen. Er hätte ja selber auch Sponheim seinem eigenen Wappen als Herzschild auflegen können, wie an anderen Stellen auch, und für seine Frau nur das Nassauer Wappen nehmen können. Nein, es steht zu vermuten, daß er Wert auf die Repräsentation des schwiegermütterlichen Wappens und Erbes legte und aus dem Grund sein eigenes Wappen auf zwei Schilde verteilte, um die Symmetrie zu wahren. Denn er hatte sich vermutlich schon ein bißchen Hoffnung auf das Erbe gemacht, das haarscharf an ihm vorbei ging: Die Schwiegereltern hatten nur Töchter, und die erste Tochter war Elisabeth von Nassau-Saarbrücken (19.10.1459-9.3.1479). Sie war 1472 die anteilige Erbin von Diest, Heinsberg und Sichem. Sie heiratete am 19.10.1472 in Saarbrücken Wilhelm IV. Herzog von Jülich (9.1.1455-1511) und brachte diesem das Heinsberg-Erbe ein. Die Ehe blieb kinderlos. Pfalzgraf Johann I. heiratete die zweite Tochter, Johanna, und diese verkaufte am 10.3.1483 die sich aus ihrer Erbschaft ergebenden Rechte an den Herzog von Jülich. So kommt es, daß für den Bauherrn diese Erbschaft durchaus eine repräsentable Rolle spielte.
Auch an anderen Stellen taucht in der Kirche das pfalzgräfliche Wappen auf. Auf dieser Konsole für einen Gewölbebogen ist nur das Wappen der Pfalzgrafen alleine dargestellt, in Schwarz ein goldener, eigentlich rot gezungter, bewehrter und gekrönter Löwe. Eine andere Konsole zeigt zwei zusammengestellte Schilde, heraldisch rechts vollständig gewendet der pfalzgräfliche Löwe, links gespalten, rechts silbern-blau schräggerautet (Wittelsbach-Bayern), links rot-silbern geschacht (Hintere Grafschaft Sponheim).
In der Chorapsis gibt es einen achteckigen, 1,15 m hohen und breiten, aus Holz gefertigten und farblich gefaßten Totenschild, nicht namentlich bezeichnet, aber prominent auf das Jahr 1557 datiert. Das Wappen besteht aus drei (2:1) zusammengestellten Schilden, Schild 1 (heraldisch rechts oben): Pfalzgrafschaft, vollständig gewendet, Schild 2 (links oben): Wittelsbach-Bayern, Schild 3 (unten): blau-golden geschacht für die Hintere Grafschaft Sponheim, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-roten Decken zwischen einem blau-silbern schräggerauteten Paar Büffelhörnern ein goldener, eigentlich rot gekrönter und rot bewehrter Pfälzer Löwe. Aufgrund des Jahres 1557 kann dieser Schild dem Sohn des Bauherrenpaares von der Empore zugewiesen werden, das war Johann II. Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern Herzog von Bayern (21.3.1492-18.5.1557), vermählt in erster Ehe am 22.5.1508 in Trarbach mit Beatrix von Baden (22.1.1492-4.4.1535) und in zweiter Ehe am 17.8.1554 auf Schloß Dhaun mit Maria Jakoba Gräfin von Oettingen-Oettingen (1525-13.12.1575). Für ihn und seine Frau gibt es Epitaph in der Grabkapelle, und ein weiteres für seine Lieblingsenkelin Alberta ist davor an der Wand angebracht. Dieser Totenschild ist aller Wahrscheinlichkeit nach ursprünglich in der fürstlichen Grabkapelle angebracht gewesen. Mit der im gleichen Jahr am 16. Juli durch seinen Sohn und Nachfolger Herzog Friedrich II. von Pfalz-Simmern eingeführten Reformation hat dieser typische Totenschild nichts zu tun. Die ungewöhnliche achteckige Form gibt es in der Region häufiger, z. B. in der ehem. Schloßkirche Meisenheim für Anton Boos von Waldeck zu Montfort und in der Bopparder Karmeliterkirche für Johann Boos von Waldeck.
Hier stellt sich die Frage nach der Farbe des Sponheimer Schachs, denn wir haben es hier zweimal in blau-golden und einmal in rot-silbern gesehen, und die Heinsberger verwendeten es eigentlich in der Farbgebung rot-silbern. Zur Klärung dieser Frage werfen wir einen Blick auf die Genealogie zur Grafschaft Sponheim und die Erbwege:
Das heißt, für Veldenz gilt:
Für die Kurpfalz gilt:
Und für Pfalz-Simmern gilt:
Für Pfalz-Zweibrücken (und später Pfalz-Birkenfeld, Pfalz-Birkenfeld-Bischweiler und Pfalz-Bischweiler-Birkenfeld-Zweibrücken) gilt:
Und für Baden gilt:
Diese Aufstellung zeigt, wie kompliziert die tatsächlichen Berechtigungen und Ansprüche sind. Der Bauherr der Stephanskirche, Johann I. Pfalzgraf bei Rhein zu Simmern Herzog von Bayern (15.5.1459-27.1.1509), war Inhaber von 1/2 der Hintergrafschaft und 2/5 der Vordergrafschaft und hatte damit Anspruch auf die beiden Farbvarianten, also sowohl rot-silbern als auch blau-golden. Er konnte es also prinzipiell wahlweise führen. Für seinen Vater ist es rot-silbern belegt, für seinen Sohn zweimal blau-golden.
Nun werfen wir einen Blick auf die Praxis in historischen Darstellungen, wie mit dem Sponheimer Schach umgegangen wird. Das stichprobenartige Bild zeigt eine Dominanz von blau-golden bei Pfalz-Simmern und von 2x rot-silbern bei Baden:
Mehrere Mitglieder der Pfalzgrafenfamilie sind in der Grabkapelle mit bildhauerisch und gestalterisch herausragenden Epitaphien vertreten (exemplarisch Abb. oben). Leider sind die farbig gefaßten Wappen zum Großteil völlig falsch und irreführend angestrichen worden; ganz besonders nach einer farblich korrekten Neufassung rufen nahezu alle Wappen an den Denkmälern für Herzogs Johann I. von Pfalz-Simmern an der Südwand (Wappen sollen sein: 2 Hauptwappen Pfalz-Simmern und Vordergrafschaft Sponheim, Ahnenprobe Pfalz-Simmern, Geldern, Veldenz, Kleve-Mark, Nassau-Saarbrücken, Arkel, Hohenzollern geviert mit Burggrafschaft Nürnberg, Burgund) und für Johanna von Nassau links daneben, ebenfalls an der Südwand (Wappen sollen sein: Lothringen, Diest, Nassau-Saarbrücken und Loen-Heinsberg). Die groben Fehler bei der Farbfassung ändern aber nichts an der Tatsache, daß hier einige der großartigsten Kunstwerke der Bildhauerkunst von Johann von Trarbach auf engstem Raum vereint sind.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.9849144,7.523126,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.9849144,7.523126,81m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Gemeindeverbund Simmern: https://www.hunsrueck-evangelisch.de/ - Simmern: https://www.hunsrueck-evangelisch.de/kirchorte/simmern/
Stephanskirche Simmern auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Stephanskirche_(Simmern)
Webseite der Stadt Simmern: https://www.simmern.de/kultur-tourismus/freizeit-und/gaestefuehrungen/auf-entdeckertour-durch-die-stephanskirche-1
Stephanskirche Simmern: https://www.kirchweg-am-simmerbach.de/kirchen-kapellen/evangelische-stephanskirche-simmern-hunsrueck/
Webseite des Hunsrück-Museums zur Stephanskirche: https://www.hunsrueck-museum.de/stadtrundgang-simmern/stephanskirche/
Die Inschriften der evangelischen Stephanskirche in Simmern,
bearbeitet von Susanne Kern, Serie Inschriften
Mittelrhein-Hunsrück 12, hrsg. von der Akademie der
Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für
Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V., Mainz
2008
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Stephanskirche in
Absprache mit Pfarrerin Frau Dr. Christina Risch, ein herzliches
Dankeschön für die wohlwollende Erlaubnis vom 16.7.2025
Wappenbuch mit Darstellung des Wappens Pfalz-Simmern: https://www.derstandard.at/story/2000111633227/glockendons-luxurioeses-gebetbuch
Wappenbuch mit Darstellung des Wappens Pfalz-Simmern: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb00019221?page=,1
Pfalz-Simmern im Wappen-Wiki: https://wappenwiki.org/index.php/House_of_Palatinate-Simmern
Grafschaft Sponheim auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Sponheim
Liste der Grafen von Sponheim auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Grafen_zu_Sponheim
Deutsche Inschriften Bd. 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 86
(Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net,
urn:nbn:de:0238-di079mz12k0008601 - https://www.inschriften.net/rhein-hunsrueck-kreis-ii/inschrift/nr/di079-0086.html
Stephanskirche: Alberta von der Pfalz zu Simmern - Stephanskirche: Ursula von Stockheim - Stephanskirche: Christoph von Obentraut - Stephanskirche: Conrad von Igstatt gen. Hattstein - Stephanskirche: Johannes Castelhun - Stephanskirche: Nikolaus Nastätter - Stephanskirche: Johann Stephan Rhodler - Stephanskirche: Hieronymus Rhodler - Stephanskirche: Margaretha Deung
Ortsregister - Namensregister - Regional-Index
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2025
Impressum