Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3187
Simmern (Rhein-Hunsrück-Kreis)

Epitaphien in der Stephanskirche: Margaretha Deung

Dieses im Jahr 1581 angefertigte Epitaph für Margaretha Deung und zwei ihrer Töchter ist an der Westwand unterhalb der Orgelempore angebracht. Wie bei den anderen Epitaphien in dieser Kirche ist das Rahmenwerk mit den Reliefarbeiten aus Tuffstein gefertigt, und für die drei Inschriften wurden schwarze Schiefertafeln eingesetzt. Das von der Werkstatt von Johann von Trarbach angefertigte Epitaph mißt 1,61 m in der Höhe und 1,18 m in der Breite und weicht vom Aufbau her stark von den anderen Epitaphien der Beamtenfamilien ab, was lange Zeit Zweifel an der Zuordnung nährte. Der Stil ist sehr manieristisch; der breite Rahmen trägt eine Vielfalt an Blattwerk, Masken, Löwenköpfe, Fruchtgehänge und Troddeln. Weiterhin sehen wir in den beiden unteren Ecken bei Beerdigungen benutztes Gerät wie Spitzhacken und Schaufeln als Memento mori. 1897 wurde das Kunstwerk vom Stuttgarter Bildhauer Karl Wüst restauriert.

Insgesamt gibt es drei Inschriften. Ganz oben ist die erste in einem über den Rand hinausragenden Beschlagwerkmedaillon mit Löwenmaske unten und Rosetten oben und seitlich in Kapitalis zu lesen: "IEHOVAE, / REDEMPTO/RI VNICO, / HONOR, ET / GLORIA" - Ehre und Ruhm dem einzigen Erlöser, Jehova. In der Hauptzone trägt eine hochrechteckige Rollwerkkartusche die  Grabinschrift in golden gefaßter Kapitalis: "MARGARETHAE DEVNGIN, / EX AVGVSTA TREVIRORVM / ORTAE, CO(N)IVGI CHARISSIMAE; / ET FILIABVS, IVLIANAE, ATQ(VE) / ALTERI ANONYMAE, DVL=/CISSIMIS, QVAE EX HOC MISE=/RABILI EXILIO, IN VERA(M) EMI=/GRARV(N)T PATRIA(M), ET CARNIS / SALVTARE(M) RESURRECTIONE(M), / HOC LOCO EXPECTANT, GABRIEL SELIVS CONFLV=/ENTINVS, LL(EGIVM VTRIVSQVE) DOCTOR, / CONIVNX, ET PARENS, IN / PIAM MEMORIAM F(IERI) F(ECIT) ANNO SALVTIFERI PARTVS / M. D. LXXXI." - der Margaretha Deung, aus Trier gebürtig, der allerliebsten Gattin, und den beiden süßesten Töchtern Juliane und der anderen ohne Namen, welche aus diesem jämmerlichen Exil in das wahre Vaterland hinübergewandert sind und welche die heilbringende Auferstehung des Fleisches an dieser Stelle erwarten, hat Gabriel Seel aus Koblenz, Doktor beider Rechte, als Gatte und Elternteil, (dieses Epitaph) zum frommen Gedenken anfertigen lassen im Jahr der Geburt des Heilsbringers 1581. Hier wird die Abkürzung "LL" benutzt, um anzuzeigen, daß der Betreffende Doktor des weltlichen und des kirchlichen Rechts war. Interessant ist die Kombination aus der Nennung von Trier und Koblenz als bekanntermaßen erzkatholische Städte unter der Herrschaft des Trierer Fürstbischofs einerseits und des "jämmerlichen Exils" andererseits, was vermuten läßt, daß mit dem Exil nicht nur das irdische Leben im Vergleich zum ewigen Leben gemeint sein könnte, sondern daß das als Hinweis auf eine Exulantenfamilie zu verstehen ist, daß die Familien also ihres evangelischen Glaubens wegen aus den Städten in den Hunsrück an den protestantischen Fürstenhof gekommen waren. Und ganz unten gibt es noch eine dritte Inschrift, gleichfalls in golden gefaßter Kapitalis: "BEATI MOR=/TVI, QVI IN / DOMINO MO=/RIVNTVR. / APOC. CAP. 14." - selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben.

Das Epitaph trägt zwei Vollwappen in den beiden oberen Ecken, jeweils raumgreifend über den Rand des Epitaphs ragend, heraldisch rechts das Wappen Seel, eine Wolfsangel, beseitet von zwei Tatzenkreuzen, auf dem Helm ein wachsender Hund oder Wolf zwischen einem Flug, Tinkturen unbekannt. Das Wappen Seel begegnet uns übrigens noch auf einem zweiten Epitaph in der Kirche, dort ist das Kleinod jedoch beschädigt. In Koblenz belegt Meyer das Wappen der Familie unter der Schreibweise Sehl, wo die Ratsherrenfamilie 1608 mit Stadtschreiber Dietrich Sehl erlosch. Heraldisch links ist das Wappen Deung angebracht, ein fünfzackiger Stern, auf dem Helm ein wachsendes, aufgrund der Zerstörung der oberen Partie nicht mehr nachvollziehbares und nicht näher bekanntes Objekt. Auch die Tinkturen sind mangels Verzeichnung in den heraldischen Standardwerken nicht bekannt. Bei Meyer finden wir unter der Schreibweise "Duyngin von Wittlich" wenigstens die Helmzier, das war ein wachsender Hirschrumpf. Meyer verweist darauf, daß das Wappen der Trierer Schöffenfamilie auf einer Tischplatte im städtischen Museum Trier zu sehen sei.

Rekonstruieren wir die Genealogie dieses Epitaphs: Margaretha Deung (-15.4.1581) war die Tochter von Paul(inus) Deung (andere Schreibweisen: Deungen, Duynken, Duyngin), Gerichtsschöffe und Landrentmeister in Trier, und dessen Frau, Anna Sirck (diese ist uns bereits aufgrund ihrer anderen, zweiten, 1553 geschlossenen Ehe mit Otto Seel, pfalz-simmernscher Regierungsrat, begegnet, weiterhin war deren Tochter mit Dr. Johann Stephan Rhodler verheiratet). Margaretha Deung war vermählt mit Dr. iur. utr. Gabriel Seel (-30.1.1596), ein aus Koblenz stammender und in Padua und Orléans studierter Regierungsrat am Hof von Herzog Reichard von Pfalz-Simmern (Gabriel war übrigens vermutlich ein Sohn des genannten Otto Seel und damit der Bruder der Ehefrau des Dr. Johann Stephan Rhodler), der 1569 Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken auf seinem Frankreichfeldzug begleitete. Aus der Ehe entsprossen vier Kinder. Es gab einen Sohn, Georg Seel, eine Tochter namens Anna Maria, vermählt mit dem Augsburger Juristen Georg Rehm, eine zweite Tochter namens Juliane, und die Umstände, daß das vierte Kind noch keinen Namen hatte, sprechen dafür, daß es eine Totgeburt war und die Mutter an deren Folgen verstarb.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9849144,7.523126,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.9849144,7.523126,81m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Gemeindeverbund Simmern:
https://www.hunsrueck-evangelisch.de/ - Simmern: https://www.hunsrueck-evangelisch.de/kirchorte/simmern/
Stephanskirche Simmern auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stephanskirche_(Simmern)
Webseite der Stadt Simmern:
https://www.simmern.de/kultur-tourismus/freizeit-und/gaestefuehrungen/auf-entdeckertour-durch-die-stephanskirche-1
Stephanskirche Simmern:
https://www.kirchweg-am-simmerbach.de/kirchen-kapellen/evangelische-stephanskirche-simmern-hunsrueck/
Webseite des Hunsrück-Museums zur Stephanskirche:
https://www.hunsrueck-museum.de/stadtrundgang-simmern/stephanskirche/
Die Inschriften der evangelischen Stephanskirche in Simmern, bearbeitet von Susanne Kern, Serie Inschriften Mittelrhein-Hunsrück 12, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V., Mainz 2008
Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus der Stephanskirche in Absprache mit Pfarrerin Frau Dr. Christina Risch, ein herzliches Dankeschön für die wohlwollende Erlaubnis vom 16.7.2025
Deutsche Inschriften Bd. 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 105 (Eberhard J. Nikitsch), in:
www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0010505 - https://www.inschriften.net/rhein-hunsrueck-kreis-ii/inschrift/nr/di079-0105.html
Georg Jakob Meyer: Hausmarken und Wappen aus dem moselländischen Raum, Band 1, Trierer Schöffen, und Band 7, Bürgerliche Wappen aus dem Bezirk Koblenz

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